UN-Plastikabkommen:Plastikgipfel gescheitert - wie es weitergeht
Trotz zehn Tagen intensiver Verhandlungen ging die UN-Plastikkonferenz in Genf ohne Ergebnis zu Ende. Ölstaaten blockierten ein starkes Abkommen. Wie es trotzdem weitergehen kann.
Vertreter aus 184 Staaten konnten sich nicht auf ein Abkommen einigen. Besonders erdölproduzierende Länder lehnen striktere Vorschläge zur Begrenzug der Plastikproduktion ab.
15.08.2025 | 1:31 minNach zehn zermürbenden Tagen in Genf in der Schweiz war die Erleichterung am Ende eher dem Ende selbst geschuldet als einem Erfolg. "Können wir jetzt den Hammer fallen lassen?", fragte der US-Delegierte John Thompson im letzten Plenum. Die eigentliche Mission, ein verbindliches Abkommen der Vereinten Nationen gegen die weltweite Plastikverschmutzung, blieb unerfüllt.
Plastikgipfel: Unüberwindbare Fronten in Genf
Plastik wird aus Erdöl gewonnen - und genau hier verlief die härteste Bruchlinie. Die erdölproduzierenden Länder, darunter etwa die Golfstaaten, Russland und die USA, blockierten eine Formulierung zu einer Begrenzung der Produktion.
Die Mehrheit der Staaten und auch die Europäische Union wollten ein starkes Abkommen - mit einem klaren Artikel zur Begrenzung der Produktion. Im finalen Abschlussentwurf fehlte dieser Artikel vollständig.
Laura Griestop, Expertin für Plastik und Verpackung beim WWF, im Gespräch zum vorerst gescheiterten UN-Plastikabkommen
15.08.2025 | 5:24 minFrankreichs Umweltministerin Agnès Pannier-Runacher zeigte sich nach durchverhandelten Nächten in ihrem Abschlussstatement im Plenum frustriert.
Ich bin enttäuscht und wütend.
Agnès Pannier-Runacher, Umweltministerin Frankreich
Im Kampf gegen Plastikmüll brauche es "globale Regeln, die alle Staaten harmonisiert machen", so Florian Titze, Leiter Internationale Politik beim WWF Deutschland.
06.08.2025 | 5:59 minGenf: Müdigkeit statt Fortschritt
Das letzte Plenum war immer wieder verschoben worden, weil sich Verhandlungen hinter verschlossenen Türen verzögerten. Delegierte und Beobachter harrten aus oder fanden ein wenig Schlaf auf den Stühlen, bevor um 5:30 Uhr morgens dann final das Schlussplenum angesetzt wurde. Auch dieses begann am Ende erst nach 6 Uhr.
Einige Beobachter äußerten Kritik am Verhandlungsführer und auch die französische Umweltministerin sprach von einem "chaotischen Prozess". So schaffte es der Konferenzvorsitz nicht, einen kompromissfähigen Abschlusstext vorzulegen.
Zudem fehlten am Ende hochrangige Vertreterinnen und Vertreter aus vielen Ländern, um mit Entscheidungsmacht noch Kompromisse zu erzielen, so Kritiker. Auch die deutsche Delegation war seit Mittwoch ohne den zuvor für drei Tage angereisten Staatssekretär im Umweltministerium, Jochen Flasbarth, vor Ort. Der deutsche Umweltminister war im Gegensatz zur französischen Kollegin nicht angereist. Nun soll eine Folgekonferenz das Abkommen retten. Doch ein Datum gibt es bisher nicht.
Weltweit beraten fast 180 Länder in Genf über ein neues Abkommen zur Plastikmüll-Reduktion. Nach dem Scheitern 2024 soll es jetzt eine Lösung für das Umweltproblem geben.
05.08.2025 | 1:42 minHoffnung auf nächste Verhandlungsrunde
Viele Beobachter haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben - trotz der klaren Fronten. Es zeichne sich ab, dass etwa 130 Länder ambitionierte Maßnahmen unterstützen würden, was eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen bilde, sagt Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut vor Ort in Genf.
Sie rät progressiven Staaten, die Zeit bis zur nächsten Runde zu nutzen, Allianzen zu bilden und neue Gesprächsformate zu finden. Auch ein Mehrheitsbeschluss als multilaterales Abkommen ohne die blockierenden Staaten wird diskutiert.
Das Problem sei nicht nur die komplizierte Materie, sondern auch die geopolitische Lage. Öl- und Gasstaaten stünden unter Druck, weil fossile Brennstoffe zur Erreichung der Pariser Klimaziele in vielen Bereichen reduziert werden müssen. Kunststoffe seien ihr Plan B, den sie nicht kampflos aufgeben würden, auch wenn das die Klimakrise weiter verschärfe, so Bergmann.
Deutschlandweit kommen jede Sekunde neun volle gelbe Tonnen dazu. Und der Inhalt muss von Müllverwertern sortiert werden. Das Ergebnis zeigt Mitri Sirin im Studio
05.06.2025 | 0:54 minUngewisse Zukunft des Plastikabkommens
Genf war bereits der zweite Anlauf, einen Abschluss zu erreichen. Zuvor scheiterte der erste Versuch einer Abschlusskonferenz im koreanischen Busan im Dezember. 2022 hatte die UN-Umweltversammlung das Mandat für den Beginn für Verhandlungen für ein Plastikabkommen erteilt. "Erfahrene Verhandler:innen haben von Anfang an gesagt, dass der Zeitrahmen ambitioniert ist", so Melanie Bergmann. So sei es dann auch nicht verwunderlich, dass es auch jetzt noch zu keiner Einigung kam.
Plastik vermüllt Meere und Umwelt und vergiftet Ökosysteme, tötet Fische und andere Lebewesen und gefährdet die menschliche Gesundheit. Kleinste Partikel werden vermehrt in Organen und auch im Gehirn gefunden. Die Nano- und Mikroplastikpartikel beeinträchtigen nach Studien unter anderem das Immunsystem, können sich in Arterien absetzen und fördern Entzündungen.
Quelle: dpa
Andere Beobachter stellen klar, es sei besser, kein Abkommen zu verabschieden, als ein schwaches. Denn der Vertrag, der hier beschlossen werden sollte, wäre die Basis geworden für dann regelmäßige UN-Plastik-Konferenzen. Es hätte den Grundstein legen sollen für jede weitere Ambition der Vereinten Nationen in der Bekämpfung der Plastikverschmutzung.
Die Plastikkrise werde massiv unterschätzt, kritisierte Moritz Jäger-Roschko von Greenpeace. Er sagt, mit Blick auf die nächste Konferenz brauche es mehr Aufmerksamkeit von höchster politischer Ebene.
Elisa Miebach ist Redakteurin der ZDF-Umwelt- und Wirtschaftsredaktion.
Aus großen Plastikteilen werden mit der Zeit winzige Partikel, zum Beispiel durch Wasserreibung und UV-Licht. Wie sich Mikroplastik gesundheitlich auswirkt, wird erst erforscht.
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