mRNA-Impfstoff-Förderung: Welche Folgen der US-Stopp weltweit hat

Kürzung von Impfstoff-Förderung:Weltweite Folgen durch US-Stopp bei mRNA

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von Fränzi Meyer, Washington D.C.
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Die US-Regierung stoppt Fördergelder für mRNA-Impfstoffe. Experten warnen: Das gefährde nicht nur die Impfstoffentwicklung in den USA - sondern werde weltweit Folgen haben.

Archiv: US-Gesundheitsminister Kennedy Jr.
US-Gesundheitsminister Kennedy kürzt die Mittel für die Impfstoff-Entwicklung um eine halbe Milliarde Dollar. Im Fokus stehen mRNA-Impfstoffe, die er für unwirksam hält.
Quelle: AP

Seit der Ankündigung von US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., Fördergelder in Höhe von 500 Millionen US-Dollar für die Entwicklung von Impfstoffen zu streichen und Verträge mit vielen Projekten zu beenden, gibt es weltweit scharfe Reaktionen aus Forschung und Medizin.
Schließlich gehe es nicht nur um die USA, sondern um Impfstoffprojekte, die der globalen Forschung und Pandemie-Vorsorge dienen, sagt Jake Scott, Infektiologe an der Stanford University in Kalifornien, im Interview mit ZDFheute:

Das ist nicht nur eine US-Entscheidung, es betrifft die ganze Welt.

Jake Scott, Infektiologe

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Im Fokus der Kürzungen: Projekte zur mRNA-Forschung

Insgesamt betrifft der Stopp der Förderung 22 Impfstoffprojekte, darunter Studien zum Schutz vor Grippe, Covid-19 und H5N1-Infektionen. Einige der Programme laufen bei führenden Pharmafirmen wie Moderna und Pfizer.
Im Fokus der Mittel-Streichungen steht die mRNA-Technologie, die als besonders schnell anpassbar gilt: "mRNA-Plattformen entwickeln Impfstoffe innerhalb von Wochen, bei klassischen Methoden dauert das oft sechs Monate oder mehr", erklärt Impfstoffexperte Scott.
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WHO: "Schwerer Rückschlag" für mRNA-Forschung

US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr., der seit Jahren als Impfskeptiker bekannt ist, zweifelt an der Verlässlichkeit der mRNA-Technologie und begründet so die Kürzung der Mittel. Stattdessen wolle er auf "sicherere, breiter angelegte Impfstoffstrategien" setzen - etwa auf Ganzkeim-Impfstoffe mit abgetöteten oder abgeschwächten Erregern. Diese würden, so Kennedy, auch dann funktionieren, "wenn Viren mutieren".
Scott zufolge ist die Entscheidung des Ministers nicht wissenschaftlich begründet:

mRNA ist die einzige Technologie, die mit der Geschwindigkeit der Virusentwicklung mithalten kann.

Jake Scott, Infektiologe

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) kritisiert Kennedys Schritt deutlich. "Das ist ein schwerer Rückschlag", sagte Joachim Hombach, Leiter des WHO-Impfbeirats. Gerade wegen ihrer schnellen Anpassbarkeit sei die mRNA-Technologie "besonders nützlich" für neue Gesundheitsgefahren und mögliche künftige Pandemien.
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Globale Folgen: Kein US-Geld, keine schnellen Lösungen

Doch was passiert, wenn einer der größten Geldgeber der Impfstoff-Forschung Mittel streicht? Ohne US-Förderung könnten wichtige Impfstoffe "nie oder erst Jahre später auf den Markt kommen", erklärt Scott.

Das schwächt unsere Fähigkeit, weltweit schnell auf neue Krankheiten zu reagieren.

Jake Scott, Infektiologe an der Standford University in Kalifornien

Außerdem sende die Entscheidung der US-Regierung die Botschaft, "dass selbst Nobelpreis-gekrönte Forschung durch selektiv ausgewählte Daten und politische Entscheidungen zerstört werden kann". So könnte das Vertrauen in Impfstoffe geschwächt werden.

Chancen für Europa?

So heftig die Entscheidung der US-Regierung kritisiert wird, könnte sie auch eine Chance für andere Länder bieten, die Führung zu übernehmen, sagte Kate Bingham, die am Anfang der Corona-Pandemie die britische Impfstoff-Taskforce leitete, der Zeitung "The Guardian". Die britische Regierung arbeitet bereits mit Biontech und Moderna zusammen und investiert mehr als 26 Millionen Pfund (rund 30 Millionen Euro) in ein neues Zentrum für mRNA-Forschung.
Auch der frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sieht einen "Weckruf für Deutschland". Die Kürzungen der USA seien "medizinisch falsch", sagte der SPD-Politiker im "Spiegel" und betonte, Deutschland müsse massiv in die eigene Forschung investieren. Die Pharmaindustrie sei bereits sehr wettbewerbsfähig, doch Ziel sollte sein, sich unabhängiger von den USA zu machen.

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