Politisch motivierte Kriminalität erreicht neuen Höhepunkt

Höchste Zahl seit Erfassung:Politisch motivierte Straftaten auf Rekordhoch

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Die Zahl politisch motivierter Delikte hat in Deutschland 2024 einen neuen Höchstwert erreicht. Insbesondere bei rechts motivierten Straftaten gab es einen extremen Anstieg.

Bundespressekonferenz Fallzahlen für die Politisch Motivierte Kriminalität
2024 ist die Zahl politisch motivierter Straftaten in Deutschland stark gestiegen. Die größte Gefährdung für die Demokratie gehe vom Rechtsextremismus aus, so der Innenminister.20.05.2025 | 2:45 min
In Deutschland sind im vergangenen Jahr mehr als 84.000 politisch motivierte Straftaten verübt worden, so viele wie in keinem anderen Jahr seit Einführung der bundesweiten Statistik 2001. Im Vergleich zu 2023 stieg die Zahl der polizeibekannten Delikte mit politischem Motiv um rund 40 Prozent. Rund die Hälfte der Straftaten war rechts motiviert.
Entwicklung der politisch motivierten Straftaten seit 2015

ZDFheute Infografik

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"Es gibt bei diesem Anstieg einige Besonderheiten, die man im Kopf haben muss, die aber in keinster Weise in irgendeiner Form zur Relativierung beitragen sollen", erklärte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) bei der Vorstellung der Statistik.
Neben der Europawahl im Juni gab es 2024 Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg sowie die Teilwiederholung der Bundestagswahl in Berlin. Zudem warf die vorgezogene Bundestagswahl ihre Schatten voraus. Diese könnten die Steigerung aber nur in Teilen erklären.

Die ist getrieben durch Polarisierung unserer Gesellschaft, durch andere Phänomene wie deutlich steigendem Antisemitismus beispielsweise.

Alexander Dobrindt, Innenminister

Student Lahav Shapira schaut in die Kamera.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel hat sich in Deutschland die Zahl antisemitischer Vorfälle deutlich erhöht.14.08.2024 | 10:11 min

Fast 14.000 rechte Straftaten mehr als 2023

Am stärksten war der Anstieg 2024 bei den Straftaten, die mutmaßlich rechts motiviert waren. Ihre Zahl stieg im Vergleich zum Vorjahr laut Polizeistatistik von 28.945 Straftaten auf 42.788 Delikte.
Auch unter den 4.107 Gewalttaten mit politischem Motiv im vergangenen Jahr ist der Anteil jener, die laut Polizei einen rechten Hintergrund haben, mit rund 36 Prozent besonders hoch. 975 Gewalttaten - knapp 24 Prozent - entfielen auf den Bereich "ausländische Ideologie". 762 Gewalttaten - knapp 19 Prozent - rechnete die Polizei dem linken Spektrum zu.
Rekord: 84.000 politisch motivierte Straftaten
Die komplette Pressekonferenz mit Alexander Dobrindt und Holger Münch.20.05.2025 | 54:28 min
Wenn die Umstände der Tat oder die Einstellung der Täter Anhaltspunkte liefern, dass sie aufgrund von Vorurteilen - etwa bezogen auf ethnische Herkunft, Religionszugehörigkeit oder Geschlecht - gehandelt haben, spricht die Polizei von sogenannter Hasskriminalität. In 19.481 Fällen sahen die Polizeibeamten "Fremdenfeindlichkeit" als Motiv.

Straftaten mit Bezug zum Nahost-Konflikt

In 6.236 Fällen wurde in der Eingangsstatistik der Polizei ein mutmaßlich antisemitisches Motiv aktenkundig. Von den insgesamt 7.328 politisch motivierten Straftaten, die die Polizei den Themenbereichen "Israel" und "Palästina" zugeordnet hat, sah sie in 2.832 Fällen eine antisemitische Tatmotivation.
Ausschreitungen in Berlin
Palästinensischer Gedenktag Nakba: Bei Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg und Israel kam es zu Ausschreitungen.16.05.2025 | 1:46 min
Ein großer Teil der 793 politisch motivierten Gewaltstraftaten, die im Kontext des Nahost-Konflikts polizeibekannt wurden, stand in Zusammenhang mit Demonstrationen und Protestaktionen. Das lässt sich an der Art der Delikte erkennen - darunter 111 Fälle von Landfriedensbruch und 385 Widerstandsdelikte.

Dobrindt plant "Sicherheitsoffensive"

Dobrindt will nun mit einer "Sicherheitsoffensive" auf den erneuten Anstieg reagieren. Er verwies erneut auf die Pläne für mehr Befugnisse der Sicherheitsbehörden.
Mit Blick auf den erneuten Anstieg antisemitisch motivierter Straftaten sprach sich Dobrindt dafür aus, bei Straftaten von Ausländern mit judenfeindlichem Motiv, die eine Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zur Folge haben, ein sogenanntes besonders schweres Ausweisungsinteresse anzunehmen und damit eine Regelausweisung vornehmen zu können.
Die Aussage seiner Vorgänger im Amt, Horst Seehofer (CSU) und Nancy Faeser (SPD), dass vom Rechtsextremismus die größte Gefährdung ausgeht, teile er, sagte er auf Nachfrage von Journalisten. Man sehe daneben aber auch andere Phänomene, die angestiegen sind, sagte er.
5. Bundestagssitzung
Innenminister Dobrindt hat den Kurs einer strengeren Migrationspolitik verteidigt. Seit seinem Amtsantritt wurden Kontrollen verschärft, auch an der deutsch-tschechischen Grenze.17.05.2025 | 2:06 min

Integrationsbeauftragte Pawlik fordert "klares Zeichen der Solidarität"

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Natalie Pawlik (SPD), äußerte sich alarmiert über den drastischen Anstieg rechtsextrem motivierter Straftaten.

Unser Land ist in Aufruhr, es ist etwas ganz gewaltig ins Rutschen geraten.

Natalie Pawlik, Integrationsbeauftragte

Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Geflüchtete, schwarze Menschen, Juden, Muslime, Sinti und Roma bräuchten "ein klares Zeichen der Solidarität gegen die Bedrohung von rechts". Zurücklehnen, Abwarten oder Schweigen seien keine Option, sagte Pawlik und forderte Bund und Länder zum Handeln auf.
Quelle: dpa, epd

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