Finanznot der Krankenkassen:Rechnungshof: Reformen bei GKV sofort nötig
Die Lücke in der Finanzierung gesetzlicher Krankenversicherungen wächst weiter. Deshalb verlangt der Bundesrechnungshof zügige Reformen und Einschnitte bei den Ausgaben der Kassen.
"Wir geben zu viel Geld aus und in der Qualität sind wir nicht so, wie wir sein müssen", so Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender GKV-Spitzenverband zur Finanzierungslücke der gesetzlichen Krankenversicherungen.
20.08.2025 | 4:58 minDen Krankenversicherten in Deutschland drohen spürbar steigende Zusatzbeiträge. Nach einem Rekordwachstum bei den Ausgaben im vergangenen Jahr würden auch künftig die Einnahmen der Krankenkassen durchgängig unter den Ausgaben bleiben, sagt der Bundesrechnungshof in einem neuen Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags voraus.
Den gesetzlichen Krankenversicherungen könnte laut Expertengremium 2025 eine Finanzierungslücke von 47 Milliarden Euro entstehen.
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Das jährliche Milliardendefizit hätte "einen Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von 0,3 Beitragssatzpunkten pro Jahr" zur Folge. Die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben der Kassen wachse jährlich um sechs bis acht Milliarden Euro, so der Bundesrechnungshof in seinem Bericht.
- Im Vergleich zum Vorjahr sind die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) um 8,2 Prozent gestiegen.
- Das ist der stärkste Anstieg seit 30 Jahren.
- Der durchschnittliche Zusatzbeitrag ist seit 2015 von 0,9 Prozent auf 2,5 Prozent gestiegen.
Quelle: dpa
Die Finanzkontrolleure verweisen hierzu auf eine Prognose des Bundesgesundheitsministeriums, das in einem mittleren Szenario mit einem Anstieg auf 4,05 Prozent Zusatzbeitrag bis 2029 rechnet. Das sei eine massive Belastung auch der Beitragszahlenden.
Der 35-seitige Bericht, aus dem das Nachrichtenportal "Politico" zuerst zitierte, liegt auch dem ZDF vor. Darin verlangt der Rechnungshof kurzfristig Einsparungen aufgrund der sich zuspitzenden Finanzsituation der Kassen. Andernfalls würden die Versicherungsbeiträge eine Höhe erreichen, die das Wirtschaftswachstum dämpfen könnten.
Auch beim Rentensystem gibt es massive Finanzierungsprobleme. Anfang August hat das Kabinett ein Milliardenpaket beschlossen und erste Schritte in Richtung Strukturreform.
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Der Bund schiebe notwendige Schritte jedoch "auf die lange Bank", kritisieren die Rechnungsprüfer. In ihrem Bericht beklagen sie deutlich eine Nachgiebigkeit der Politik:
Ursächlich für den Ausgabenanstieg ist insbesondere die Abschaffung kostendämpfender Regelungen.
Bericht des Bundesrechnungshofs
Deshalb fordert der Rechnungshof in seinem Bericht die schwarz-rote Koalition auf, "zügig ein Gesamtkonzept zur Stabilisierung der GKV zu erarbeiten und mit Einsparzielen zu unterlegen". Es bräuchte strukturelle Reformen, um unnötige Ausgaben zu vermeiden und langfristig Effizienzreserven im Gesundheitswesen zu heben.
Zu den Effizienzsteigerungen zählt die Behörde vor allem die Krankenhausreform, die in ihren zentralen Punkten, wie der Verlagerung hin zu ambulanter Versorgung, nicht "verwässert" werden dürfe. Denn die Gesundheitskosten in diesem Bereich machten "den mit Abstand größten Ausgabenblock in der GKV" aus.
Ende Januar ist die Krankenhausreform konkret angelaufen. Kliniken schlagen Alarm. Die Lage der deutschen Krankenhäuser sei dramatisch.
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Auch bei der Notfall- und Akutversorgung sehen die Rechnungsprüfer Potential zur Ausgabensenkung. Darlehen aus dem Bundeshaushalt könnten die strukturellen Probleme der gesetzlichen Krankenversicherung "naturgemäß" nicht lösen.
Zudem müsse bei den Reformplänen die weitere demographische Entwicklung berücksichtigt werden: Eine alternde Bevölkerung verstärke die strukturelle Deckungslücke, da "neben ohnehin wachsenden Ausgaben mit Renteneintritt der Versicherten geringere Einnahmen zu erwarten sind".
Die Rechnungsprüfer weisen jedoch darauf hin, dass Strukturreformen kurzfristig zu Ausgabensteigerungen führen können. Allein für die Transformation des stationären Versorgungsbereichs würden zusätzliche Mittel von 50 Milliarden Euro benötigt über einen Zeitraum von zehn Jahren, so der Bericht.
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