Wirtschaftsweise: "Auch wenn unpopulär, müssen länger arbeiten"

Wirtschaftsweise Martin Werding:"Auch wenn unpopulär, müssen länger arbeiten"

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Rente mit 69 – schrittweise bis 2070: Wirtschaftsweise Werding fordert neue Regeln für den Ruhestand und schließt sich damit der Wirtschaftsministerin an. SPD-Chefin Bas kontert.

Klaus Müntefering
"Die Rente ist sicher" so das legendäre Zitat des früheren Arbeitsministers Blüm. Mittlerweile ist klar, dass das Thema eine immer größer werdende Baustelle ist.29.07.2025 | 2:31 min
Der Wirtschaftsweise Martin Werding unterstützt Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) in der Forderung nach einer längeren Lebensarbeitszeit. Werding sagte der "Rheinischen Post":

Auch wenn es unpopulär ist – wir müssen länger arbeiten.

Martin Werding, Wirtschaftsweise

In den 1960er Jahren hätten die Menschen im Schnitt zehn Jahre lang Rente bezogen, heute liege die Dauer bei 20 Jahren. Hinzu komme, dass nun die Babyboomer in Ruhestand gingen, die zugleich aber zu wenig Kinder bekommen hätten.

Vorschlag: Rente mit 69 - aber erst in 45 Jahren

Bis 2031 steigt die Regelaltersgrenze in Deutschland auf 67 Jahre. "Danach darf nicht Schluss sein", betonte das Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.
"Deutschland sollte das Rentenalter regelgebunden erhöhen – zwei Drittel der zusätzlichen Lebenszeit gehen in Arbeit und ein Drittel in den Ruhestand", schlug er vor.
Das würde bedeuten, dass alle zehn Jahre die Regelaltersgrenze um sechs Monate steige.

Ab 2050 gäbe es dann die Rente mit 68 Jahren, ab 2070 mit 69 Jahren.

Martin Werding, Wirtschaftsweise

Interview Annika Klose
Annika Klose, arbeits- und sozialpolitische Sprecherin der SPD, spricht sich gegen eine Anhebung des Renteneintrittsalters aus. Vermögensumverteilung könnte laut ihr eine Lösung sein. 29.07.2025 | 4:28 min

Arbeitsministerin spricht von "Scheindebatte"

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas bezeichnete die Diskussion über eine längere Lebensarbeitszeit als "Scheindebatte". Viele erreichten aus gesundheitlichen Gründen bereits das jetzige Renteneintrittsalter nicht. "Für diese Menschen wäre das eine Rentenkürzung", sagte die SPD-Vorsitzende dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Sie halte auch nichts davon, die vorgezogene Rente für langjährig Versicherte abzuschaffen.
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Wer 45 Jahre geackert hat, für den muss auch mal Schluss sein.

Bärbel Bas, Bundesarbeitsministerin

Bärbel Bas spricht und gestikuliert
Arbeitsministerin Bärbel Bas will die Rente reformieren - dazu gehören etwa neue Erwerbsmöglichkeiten für Rentner oder mehr Geld für Mütter. Doch an den Plänen gibt es auch Kritik.26.06.2025 | 1:40 min

Wegfall der Witwenrente?

Der Wirtschaftsweise Werding forderte ferner höhere Abschläge, wenn jemand vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter Rente beziehen will. Die 3,6 Prozent Abschlag pro Jahr seien zu niedrig. "Versicherungsmathematisch korrekt wären Abschläge zwischen fünf und sieben Prozent", sagte Werding.
Symbolbild Rente
Laut Rheinischer Post ist die gesetzliche Rente in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um rund 37 Prozent gestiegen. Die Zahlen stammen von der Rentenversicherung. 21.06.2025 | 0:25 min
Auch die Witwenrente stellte Werding infrage. "Unter Anreizaspekten wäre es gut, wenn die Witwenrente wegfällt. Frauen können heute für sich selbst sorgen", sagte der Wissenschaftler. Allerdings bräuchten solche Reformen viel Vorlauf, damit die Menschen sich darauf einstellen können.
Quelle: dpa

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