Die Rechtsterroristin Beate Zschäpe nimmt an einem Neonazi-Aussteigerprogramm teil.
Quelle: Imago
Beate Zschäpe ist die einzige Überlebende des sogenannten NSU-Trios. Derzeit sitzt die verurteilte Rechtsterroristin in der JVA Chemnitz.
Was ist über das Aussteigerprogramm bekannt?
Nicht allzu viel. Zschäpes Anwalt Mathias Grasel hat lediglich bestätigt, dass sie in ein solches Programm aufgenommen wurde. Es hätten bereits mehrere Termine stattgefunden. Wie viele und seit wann Zschäpe teilnimmt, wollte Grasel nicht sagen, auch nicht, um welches Aussteigerprogramm es sich genau handelt. Schon 2023 hatte sich Zschäpe für ein entsprechendes Programm des Freistaates
Sachsen beworben, war damals aber abgelehnt worden. Begründet wurde die Ablehnung damit, dass das Ende der Haft noch "nicht absehbar" war, so Anwalt Grasel.
Im NSU-Prozess ist die Hauptangeklagte Zschäpe unter anderem wegen zehnfachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Es wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt.11.07.2018 | 0:51 min
Welche Rolle spielte Beate Zschäpe im NSU-Trio?
Die heute 50-Jährige bildete mit Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt den Kern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU). Die Gruppe hat neun türkisch- und griechischstämmige Kleinunternehmer sowie eine Polizistin ermordet. Zudem ist sie verantwortlich für mehrere Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle. 2011 flog die Zelle auf, nachdem sich Mundlos und Böhnhardt erschossen hatten.
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Beate Zschäpe stellte sich daraufhin den Behörden. In dem mehr als fünf Jahre dauernden Prozess vor dem Oberlandesgericht München schwieg Zschäpe lange Zeit. Später versuchte sie, ihre Rolle herunterzuspielen. Das Gericht sah in ihr dennoch eine Mittäterin und verurteilte sie zu lebenslanger Haft. Zudem wurde die besondere Schwere der Schuld festgestellt, damit ist eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren so gut wie ausgeschlossen.
Wie glaubhaft ist Zschäpes Ausstiegswille?
Da gehen die Meinungen auseinander. Barbara John, die Ombudsfrau der NSU-Opferangehörigen, vermutet, dass Zschäpe mit der Aufnahme in ein Aussteigerprogramm ihre vorzeitige Haftentlassung vorbereitet. Fakt ist, Beate Zschäpe sitzt seit 14 Jahren im Gefängnis. 2026, also nach 15 Jahren, entscheidet das Oberlandesgericht München, wie lange Zschäpe mindestens noch in Haft bleiben muss.
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Für diese Mindestverbüßungsdauer wird das Gericht noch einmal eine Gesamtwürdigung der Taten und der Schuld Zschäpes vornehmen. Die Teilnahme an einem Aussteigerprogramm kann dabei neben vielen anderen Faktoren eine Rolle spielen, so ein Gerichtssprecher. 2023 hatte sich Zschäpe vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtages von der rechten Szene distanziert und eingeräumt, ohne sie wäre die Terrorserie des NSU nicht möglich gewesen.
Was sagen die Opferangehörigen?
Für Semiya Simsek, die Tochter des ersten NSU-Mordopfers, ist die Nachricht zunächst ein Schock. Groß ist die Sorge, Zschäpe könnte damit vorzeitig aus der Haft entlassen werden. "Wir werden das beobachten", sagt Simsek. "Wir erinnern uns noch sehr genau daran, dass sie keine unserer Fragen im Prozess beantwortet und zur Aufklärung gar nichts beigetragen hat." Die Anwältin der Familie, Seda Basay-Yildiz, wertet Zschäpes Teilnahme an dem Aussteigerprogramm als "rein taktischen Schritt".
Sie erinnert daran, dass Zschäpe bereits in Haft Kontakte mit Personen aus der rechten Szene gepflegt habe. Ombusfrau Barbara John würde sich wünschen, dass die Opferangehörigen zu einer vorzeitigen Haftentlassung von Zschäpe angehört werden müssen. Bislang hätten sie dazu kein Recht, sagt sie in einem Interview mit der TAZ. Bliebe das so, wäre dies "eine weitere Demütigung der Hinterbliebenen und Überlebenden des Terrors".
Petra Neubauer ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Bayern.
Quelle: Mit Material von dpa