Klimaziele: Was die Pläne der EU-Kommission bis 2040 vorsehen

Neues Klimaziel der Kommission:So plant die EU die Emissionssenkung bis 2040

Elisa Miebach
von Elisa Miebach
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Die EU will den Treibhausgasausstoß der Mitglieder im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent senken. Was im neuen Vorschlag zum Klimaziel steht und welche Hintertüren offen sind.

 Qualm kommt am frühen Morgen aus einem Schornstein des Hauptklärwerks Stuttgart-Mühlhausen.
Bis 2040 sollen 90 Prozent weniger CO2-Emissionen als 1990 anfallen. Viele EU-Mitglieder sehen das kritisch. Wegen Sorgen um ihre Wirtschaft sollen sie mehr Spielräume bekommen.02.07.2025 | 2:27 min
Die EU-Kommission hat am Mittwoch ihren Vorschlag für das Klimaziel 2040 vorgestellt: Bis dahin sollen die Treibhausgasemissionen in der EU um 90 Prozent gegenüber 1990 sinken. Damit will Brüssel einen verbindlichen Zwischenschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050 setzen.
Zur Vorstellung des Ziels sagte der EU-Kommissar für Klimapolitik Wopke Hoekstra:

Wir haben gerade das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt. An der Notwendigkeit des Klimaschutzes besteht kein Zweifel.

Wopke Hoekstra, EU-Kommissar für Klimapolitik

Frank Bethmann an der Frankfurter Börse.
Frank Bethmann an der Frankfurter Börse über die Kritik zur geplanten EU-Klimaneutralität bis 2050 und den Chancen und Risiken für die Wirtschaft.02.07.2025 | 0:57 min
Nun müsse man sich festlegen, so Hoekstra. In Zukunft brauche es zwei feste Anker: ein sicheres und gesundes Klima für alle sowie eine starke, widerstandsfähige Wirtschaft.

Klimaziel für 2040: EU-Kommission lässt Hintertür offen

Kern des Vorschlags ist, dass die EU-Länder ihre Emissionen bis 2040 massiv senken müssen. Mindestens 87 Prozent der Reduktion solle dabei innerhalb der EU erfolgen.
Die Kommission lässt damit eine Hintertür offen: Für die restlichen drei Prozent können Staaten ab 2036 internationale Zertifikate nutzen. So könnten sie etwa in Klimaschutzprojekte außerhalb der EU investieren und diese Einsparungen auf die eigenen Ziele anrechnen.
CO2: Änderung seit 1990

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CO2-Zertifikate: Kritiker sehen Risiken

Ob diese Option voll ausgeschöpft wird, ist offen. Kritiker warnen vor möglichen Risiken. Es gehe um sehr viel Geld, dass sinnvoller für die Dekarbonisierung der Industrie innerhalb der EU ausgegeben werden könne, sagt Jens Mattias Clausen, von der Klima-Denkfabrik Concito.
Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss spricht von "Ablasshandel" und warnt vor Betrug und kurzfristigen Projekten, die keinen dauerhaften Klimanutzen bringen.
EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra verteidigt den Ansatz. Wenn die Zertifikate überprüfbar, nachweisbar und zusätzlich seien, spiele es für Europa keine Rolle, wo die Emissionen tatsächlich reduziert würden.

Wenn das kosteneffizient ist, denn das wird der Hauptantrieb sein.

Wopke Hoekstra, EU-Kommissar für Klimapolitik

Mark Hugo von der ZDF-Umweltredaktion im Gespräch
Europäische Unternehmen kaufen CO2-Zertifikate, um Treibhausgase einzusparen und so zum Klimaschutz beizutragen. Doch wie sinnvoll ist diese Maßnahme? 15.04.2025 | 6:53 min

Kohlenstoffsenken sollen auf Klimabilanz angerechnet werden

Bei der Umsetzung des Klimaziels bis 2040 sollen nun auch sogenannte Kohlenstoffsenken eine größere Rolle spielen - zum Beispiel Wälder, Böden oder technische Lösungen wie Carbon Capture and Storage (CCS), die CO2 aus der Atmosphäre binden.
Diese Senken sollen auf die Klimabilanz angerechnet werden, um die ambitionierten Ziele zu erreichen. Doch die Wälder, Böden und Moore in der EU sind in den vergangenen Jahren aufgrund ihres schlechten Zustandes eher zu einer Kohlenstoffquelle geworden.
Zeichen von Waldsterben: Abgestorbene Fichten stehen in einem Waldgebiet im Frankenwald
Deutschlands Wälder und Moore gefährden das Erreichen der Klimaziele, obwohl gerade sie dazu beitragen sollten.13.05.2025 | 8:34 min

Wirtschaft und Forschung fordern Planungssicherheit

Die EU-Kommission sieht das 2040-Ziel als entscheidenden Zwischenschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050. Das erste Etappenziel lautet 55 Prozent weniger Emissionen bis 2030.
"Jetzt müssen wir die richtigen Pläne für die Zukunft unserer Wirtschaft und Industrie machen", sagt auch Ursula Woodburn, Leiterin eines Netzwerks führender europäischer Unternehmen, das sich für eine klimaneutrale Wirtschaft in Europa einsetzt. Unternehmen und Investoren bräuchten Planungssicherheit, um in die grüne Transformation zu investieren.
Isabelle Schaefers im Gespräch mit ZDF-Mima-Moderatorin Mirjam Meinhardt
Seit die EU-Kommission ihren Vorschlag zu den Klimazielen 2040 vorgestellt hat, "ist der Klimaschutz in der EU immer weiter in den Hintergrund gerückt", so ZDF-Korrespondentin Isabelle Schaefers.02.07.2025 | 1:29 min

2040-Ziel soll Signal senden

Die EU will mit dem 2040-Ziel zudem ein Signal an die Welt - darunter auch an China - senden. Ende Juli wird ein EU-China-Gipfel erwartet. Ein kritischer Moment, in dem sich beide Player auch in Sachen Klima-Ambitionen zusammen gegen die USA aufstellen könnten, sagt Neil Makaroff von der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives:

Und wenn die EU nicht ihre Hausaufgaben macht, läuft sie auch Gefahr, dass China viel mehr von der Wende zu Netto-Null profitiert.

Neil Makaroff, Denkfabrik Strategic Perspectives

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Klimaziele: Uneinigkeit innerhalb der EU

Doch auch innerhalb der EU gibt es unterschiedliche Positionen: Während mindestens zehn Länder, darunter auch Deutschland und die aktuelle dänische EU-Ratspräsidentschaft fest hinter den Zielen stehen, fordern andere - etwa Italien oder Polen - weniger Ambition.
Frankreich setzt sich dafür ein, dass Atomkraft und Erneuerbare Energien gleichgestellt werden und hatte bis zuletzt hinter den Kulissen gedroht, keinem Ziel für 2040 zuzustimmen, wenn dies nicht durchkomme.
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