Spahn und Corona: Warum ist der Masken-Bericht nicht öffentlich?
Spahns Rolle während Corona:Warum ist der Maskenbericht nicht öffentlich?
von Dominik Rzepka
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Hat Jens Spahn in der Corona-Zeit überteuert Masken beschafft? Unter anderem dieser Frage geht ein Prüf-Bericht nach, der seit Monaten nicht öffentlich ist. Warum eigentlich nicht?
Ein unter Verschluss gehaltener Bericht belastet Ex-Gesundheitsminister Spahn. Er soll 2020 eine Firma aus seiner Heimatregion bei der Vergabe von Masken-Aufträgen bevorzugt haben.10.06.2025 | 10:50 min
Worum geht es?
Um die Frage, ob Jens Spahn (CDU) während der Corona-Pandemie als damaliger Gesundheitsminister zu viel Geld ausgegeben hat für Masken. Im Raum steht unter anderem der Vorwurf, Spahn habe dem Logistikunternehmen Fiege aus seiner Heimat einen Auftrag ohne Ausschreibung erteilt.
Es soll um 1,5 Milliarden Euro gegangen sein. Spahn soll davor gewarnt worden sein, diesem Unternehmen einen Auftrag zu erteilen. Maskenlieferanten von einst warten nach eigenen Angaben noch auf Geld, reichten Klagen ein.
Aus einem Bericht, der unter dem damaligen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entstanden ist. Geschrieben hat ihn die Sonderermittlerin Margaretha Sudhof (SPD), die zuvor als Staatssekretärin im Verteidigungsministerium für Controlling zuständig war. Dieser Bericht soll seit Monaten vorliegen. Er ist aber nicht öffentlich. Selbst Spahn sagt, er kenne den Bericht nicht.
Allerdings zitieren Medien seit Tagen zumindest stellenweise daraus. Ein zentraler Vorwurf soll demnach sein, Spahn habe seinerzeit eher dem "Team Ich" angehört statt dem "Team Staat". Bedeutet: Spahn soll wenig teamfähig gewesen sein und vor allem auf eigene Rechnung gehandelt haben.
Aus dem Archiv: Wegen Maskenbestellungen von Ex-Gesundheitsminister Spahn (CDU) könnten auf den Staat noch Milliardenzahlungen zukommen. 27.06.2024 | 1:34 min
Warum ist der Bericht nicht öffentlich?
Weil sich Karl Lauterbach, als er noch im Amt war, dagegen entschieden hat. Lauterbach sagt dazu bei X:
In der heißen Phase des Wahlkampfes oder in meiner kommissarischen Zeit als Minister habe ich das Gutachten nicht veröffentlicht.
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Karl Lauterbach, SPD
Lauterbach macht kein Geheimnis daraus, dass er gerne Minister geblieben wäre, auch unter Schwarz-Rot. Hat er also das Gutachten auch deshalb nicht veröffentlicht, um damit den potentiellen Koalitionspartner CDU nicht zu verärgern und so seine Chancen zu wahren?
Auch die jetzige Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) veröffentlicht den Bericht nicht.
Fünf Jahre ist der erste Corona-Lockdown her. Der heutige Minister Karl Lauterbach ordnete sich dem Team Vorsicht zu. Einen Satz zur Impfung würde er heute so nicht mehr sagen.09.03.2025 | 4:14 min
Muss ein solcher Bericht nicht öffentlich sein?
Ja, sagt Arne Semsrott von Frag den Staat. Der Sudhof-Bericht dürfe nicht geheim bleiben:
Die Masken-Affäre muss vollständig aufgeklärt werden. Die Öffentlichkeit hat das Recht zu erfahren, ob die Vorwürfe der Milliardenverschwendung begründet sind oder nicht.
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Arne Semsrott, Frag den Staat
Ähnlich äußert sich auch Ines Schwerdtner. Die Vorsitzende der Linken sagt ZDFheute:
Es muss dringend volle Transparenz hergestellt werden. Der Bericht muss ganz veröffentlicht und idealerweise von einem Untersuchungsausschuss ausgewertet werden.
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Ines Schwerdnter, Linke
Beide berufen sich auf das Informationsfreiheitsgesetz. In ihm heißt es: "Jeder hat nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen." Semsrott sagt, der Bericht müsse auch nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgegeben werden.
Ohne das Informationsfreiheitsgesetz würden "viele Skandale nicht aufgedeckt" werden, so DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster, Amthors Kritik am IFG rühre daher, dass er "selber davon betroffen" sei.01.04.2025 | 6:04 min
Was spricht gegen eine Veröffentlichung?
Das Bundesinnenministerium verweist darauf, dass das Informationsfreiheitsgesetz Ausnahmen kenne, zum Beispiel ein laufendes Verwaltungsverfahren oder der Schutz persönlicher Daten von Dritten. Genau darauf beruft sich das Gesundheitsministerium.
Semsrott widerspricht: "Selbst wenn Teile schützenswert wären, könnte der Bericht mit geringfügigen Schwärzungen veröffentlicht werden."
Ministerin Warken will kommende Woche im Bundestag Stellung nehmen. Der Haushaltsausschuss habe Warken zu seiner nächsten Sitzung eingeladen, so ein Sprecher. "Dieser Einladung wird die Ministerin auch nachkommen." Es ist aber nicht davon auszugehen, dass Warken dem Ausschuss den Bericht selbst vorlegt, sondern eine Art Zusammenfassung referieren wird.
Was sagt Spahn selbst?
Spahn selbst wollte sich auf ZDFheute-Anfrage nicht äußern, er ist aber am Mittwoch zu Gast in der ZDF-Sendung "Markus Lanz". Am Sonntag hatte sich Spahn bereits in der ARD geäußert. Zu Beginn der Pandemie seien Masken und Schutzausrüstung knapp gewesen, so Spahn.
In der damaligen Zeit haben wir nicht nach Vergaberecht Masken beschafft.
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Jens Spahn, CDU
Dies sei in der Bundesregierung miteinander vereinbart worden. Das Bundesgesundheitsministerium verweist auf einen entsprechenden Beschluss des damaligen Krisenstabes. Spahn sprach sich außerdem dafür aus, den Sudhof-Bericht zu veröffentlichen.
Bereits im Jahr 2024 hatte Spahn den Kauf von Masken verteidigt: "Wir hatten eine Notlage." 27.06.2024 | 1:06 min
Kann Spahn das alles gefährlich werden?
Das ist zumindest denkbar, sagt Dorthe Ferber, Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio.
Gefährlich könnte die Maskenaffäre für Jens Spahn vor allem dann werden, wenn sich bei einer Veröffentlichung des Berichts herausstellt, dass er falsche Aussagen gemacht hat.
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Dorthe Ferber, ZDF-Hauptstadtstudio
Gefährlich für Spahn wäre auch, wenn es aus den Reihen der Union Kritik an seinem Krisenmanagement gäbe. Bislang sei aber das Gegenteil der Fall.
Die Fraktion liefert in einem so genannten "Informationspapier Beschaffung" Argumente zur Verteidigung Spahns. Der Bericht der Sonderermittlerin sei "parteipolitisch motiviert", es gehe "erkennbar darum, das frühe Pandemiemanagement zu diskreditieren".