Völkermord vor 30 Jahren:Bundestag gedenkt der Srebrenica-Opfer
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Der Bundestag erinnert an das Massaker in der bosnischen Stadt Srebrenica vor 30 Jahren. Empörung löst die AfD in der Debatte aus.
30 Jahre nach dem Völkermord von Srebrenica hat der Bundestag der Opfer gedacht. Die laufenden Haushaltsberatungen wurden dafür unterbrochen. "Srebrenica war das schlimmste Kriegsverbrechen auf europäischen Boden seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) zum Auftakt der rund einstündigen Debatte über das Thema.
"Mit brutaler Gewalt trennten die Angreifer Familien und deportierten Frauen Kinder und Alte. Männer und Jungen behielten sie zurück, um sie in den folgenden Tagen systematisch zu ermorden", sagte Klöckner.
Der Völkermord sei auch ein Scheitern der Vereinten Nationen gewesen, deren Friedenstruppen den Schutzsuchenden keinen Schutz geboten hätten. Srebrenica stehe für die Einsicht, dass die Durchsetzung von Menschenrechten konkretes Handeln von allen verlange.
Mehr als 8.000 Menschen ermordet
Das Massaker von Srebrenica im Jahr 1995 gilt als das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Kurz vor dem Ende des Bosnienkriegs hatten Truppen des bosnisch-serbischen Armeechefs Ratko Mladic am 11. Juli 1995 die damalige UN-Schutzzone in Srebrenica gestürmt und mehr als 8.000 Menschen ermordet - in der Mehrzahl Männer und männliche Jugendliche.
Frauen, Mädchen und Kinder wurden in Bussen an die Frontlinie zu dem von der bosnischen Armee kontrollierten Gebiet deportiert.
Den niederländischen UN-Soldaten wurde später vorgeworfen, die Einnahme von Srebrenica geduldet zu haben. "Sie konnten nicht eingreifen oder wollten nicht", sagte der Europa-Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gunther Krichbaum (CDU).
Das zeige, dass Mandate der Vereinten Nationen "nur tauglich sind, wenn sie auch robust sind, andernfalls verlieren sie ihre ordnende und abschreckende Wirkung".
"Monströses Verbrechen"
Krichbaum bezeichnete Europa als "vielleicht die einzige Antwort, die wir auf so etwas geben können" wie Srebrenica. "Damit Hass und Nationalismus überwunden werden."
SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller sprach von einem "monströsen Verbrechen". Srebrenica war möglich, "weil die internationale Gemeinschaft es zugelassen hat", mahnte die SPD-Politikerin. Die gerichtliche Aufarbeitung des Verbrechens sei zudem immer noch immer nicht abgeschlossen.
Protest gegen AfD-Reden
Reden von Politikern der AfD lösten bei den anderen Fraktionen lautstark Protest aus. Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf kritisierte die Einstufung des Kriegsverbrechens als Genozid, sein Parteikollege Martin Sichert nutzte seine Rede für innenpolitische Themen. Demonstrativ drehten Abgeordnete von SPD und Linken Sichert den Rücken zu, Klöckner ermahnte ihn, zum Thema zu sprechen.
Außenminister Johann Wadephul (CDU) ergriff nach den AfD-Reden ungeplant das Wort. Der Bundestag diskutiere über den anerkannten Völkermord, sagte er auch an die Gäste auf der Tribüne gerichtet: "Und ich bedaure, dass wir den Opfern den Angehörigen, insbesondere hier Anwesenden und dem Herrn Botschafter derartige Debatten zumuten." Für die Bundesregierung sagte er: "Wir erkennen selbstverständlich diesen Völkermord an."
Urteile des Kriegsverbrechertribunals für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) sowie des Internationalen Gerichtshofs (IGH) hatten den Genozid-Charakter des Massakers von Srebrenica juristisch festgestellt. Die UN-Vollversammlung hatte 2024 die Einführung eines internationalen Gedenktages beschlossen - gegen den Widerstand Serbiens.
Quelle: dpa, AFP, KNA
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