Elisa Senss und Sjoeke Nüsken
Quelle: ddp
Vor allem Mitte der ersten Halbzeit schien die Elf von Bundestrainer Christian Wück regelrecht auseinanderzufallen. Vor allem ein Thema brannte nach dem Spiel wieder auf: Hat Deutschland ein Abwehrproblem?
Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat das letzte Spiel in Gruppe C verloren. Gegen Schweden kosteten vor allem Abwehrfehler in der ersten Halbzeit die Chance auf den Sieg.
12.07.2025 | 7:07 min
Deutschland und die Defensive: Es ist kompliziert
Die kurze Antwort: Es ist kompliziert, denn es ist sicher nicht alles schlecht in der Defensive. Deutschland hat beispielsweise in den ersten beiden Partien gegen Polen und Dänemark nur eine echte Großchance zugelassen.
Auch individuell ist die Viererkette von Bundestrainer Christian Wück durchaus mit Klasse bestückt. Sarai Linder und Neu-Kapitänin Janina Minge sorgten gegen Dänemark mit herausragenden Passquoten in der zweiten Halbzeit (je 96 Prozent) für Sicherheit im Spielaufbau.
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Genannte Linder zeigte im selben Spiel auch ihre Zweikampfstärke, als sie Weltklasse-Spielerin Pernille Harder im eins gegen eins locker abdrängte.
Alles problemlos also in der deutschen Defensive? Nicht so ganz. Denn Schwächen gibt es dennoch - und die haben sich vor allem bei der 1:4-Niederlage gegen Schweden offenbart.
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DFB-Team muss Rückwärtsbewegung verbessern
Über den gesamten Turnierverlauf zeigte das DFB-Team Schwächen im eigenen Passspiel, verlor so immer wieder den Ball. Umso wichtiger, dass die Rückwärtsbewegung funktioniert, doch genau hier liegt noch viel Verbesserungsbedarf für die deutschen Spielerinnen.
Schon Polen wurde regelmäßig durch schnelle Konter gefährlich, auch Dänemark erzielte ein Tor nach einem Ballverlust, weil die Hintermannschaft des DFB Schwierigkeiten hat, sich schnell vernünftig zu sortieren. Am deutlichsten wurde das gegen Schweden.
Schweden bestraft deutsches Chaos
Allen drei Gegentoren ging ein deutscher Ballverlust voraus. Beim ersten Treffer der Skandinavierinnen orientierten sich vier Spielerinnen zur ballführenden Spielerin - keine in den Raum. Die Folge: Stina Blackstenius durfte alleine auf das deutsche Tor zulaufen. Der Abschluss war dementsprechend ein Kinderspiel.
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Auch beim 1:2 und 1:3 wirkte die deutsche Defensive unsortiert, Schweden spazierte fast in Richtung Strafraum und erhöhte folgerichtig. Vor dem Viertelfinale hat der Bundestrainer also noch einiges zu tun.
Dem Problem entgegenwirken kann eine cleverere Raumaufteilung der beiden Spielerinnen im defensiven Mittelfeld, Sjoeke Nüsken und Elisa Senß.
Die Kombination beider Athletinnen ist nämlich besonders dankbar. Während sich Nüsken eher offensiv orientiert, sich aktiv ins Angriffsspiel einschaltet und sogar für Torgefahr sorgt, ist Elisa Senß im klassischen Sinne eine Abräumerin und sorgt für defensive Stabilität.
Deutsche Doppelsechs als Schlüssel
Wie das für die deutsche Mannschaft funktionieren kann, hat die zweite Halbzeit gegen Dänemark gezeigt. Nach der Pause orientierte sich Nüsken deutlich offensiver, war so als zusätzliche Anspielstation in der gegnerischen Hälfte verfügbar. Die Folge: Weniger Fehlpässe und weniger Chancen für Dänemark.
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Auch gegen den Ball hat das Vorteile, da mit Nüsken eine Spielerin mehr ins Pressing ging und es den Däninnen so noch schwerer machte, das eigene Angriffsspiel aufzuziehen. All das kann sie sich erlauben, da Senß sich in jeden Zweikampf reinbeißt, viel läuft und defensiv für zwei ackert.
Ein paar Tage hat Bundestrainer Christian Wück jetzt Zeit, Abwehr und defensives Mittelfeld auf die Umschaltmomente einzustellen. Und das wird nötig sein, will man im Viertelfinale eine realistische Siegchance haben.
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