Frauenfußball-EM: Englands Heldin Hannah Hampton

Heldin im EM-Viertelfinale:Hannah Hampton: Torhüterin mit Durchblick

von Frank Hellmann, Zürich
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Hannah Hampton ist mit einer Augenerkrankung zur Welt gekommen. Inzwischen ist die 24-Jährige Englands Nummer eins. Von Mary Earps redet vor dem Halbfinale niemand mehr.

UEFA, Frauen, EM 2025, Schweden - England: Die Engländerinnen Lauren James, Hannah Hampton und Khiara Keating feiern den Sieg im Elfmeterschießen
Frau der Stunde: Englands Torhüterin Hannah Hampton (m.)
Quelle: dpa

Mary Earps war bekannt für ihre besondere Gestik und Mimik. Wer beim EM-Triumph 2022 in England schon ihre Theatralik beim Aufwärmen in Wembley vor dem Finale sah, der konnte erahnen, welche zentrale Rolle die Torhüterin beanspruchte.
Ausgerechnet diese extrovertierte Persönlichkeit, die Welttorhüterin 2022 und 2023, war bei der EM 2025 nicht mehr als Nummer eins eingeplant.
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Als Nationaltrainerin Sarina Wiegmann ihr diese Botschaft überbrachte, fiel Earps aus allen Wolken - und trat aus der Nationalmannschaft zurück. Ersatz wollte die 32-Jährige in der Schweiz nicht sein, auch wenn das Teamhotel, das "Dolder Grand" in Zürich, titelverdächtigen Luxus bietet.

Heldenrolle beim Elfmeterdrama gegen Schweden

Den Komfort der edlen EM-Unterkunft genießt mit Hannah Hampton eine andere Keeperin. Der Wechsel zwischen den Pfosten war das Beste, was den "Lionesses" passieren konnte. Vielleicht würden sie sonst nicht das Halbfinale gegen Italien in Genf (Dienstag 21 Uhr/live ZDF) bestreiten.
Die Heldenrolle im epischen Elfmeterschießen im Viertelfinale gegen Schweden (3:2, 2:2) war nämlich für die Torhüterin in der grünen Montur vorgesehen.
Während Schwedens Torfrau Jennifer Falk gleich vier Elfmeter hielt, aber einen Strafstoß in die Wolken donnerte, feierte England am Ende eine strahlende Hannah Hampton.
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Hampton: Nasenbluten mehr als störend

"Es war stressig anzusehen und stressig zu spielen", sagte die 24-Jährige, die in ihrem 20. Länderspiel mit zwei Paraden beim skurrilen Showdown vom Elfmeterpunkt bestach. Dabei war Hampton gehandikapt, weil sie zwischendrin wegen Nasenblutens behandelt werden musste:

Das mit meinem Nasenbluten läuft eigentlich nie gut. Ich war auch schon im Krankenhaus deswegen. Ich dachte nur: 'Nicht schon wieder.' Aber mit einem Nasenloch ging es dann auch.

Hannah Hampton, Englands Torhüterin

Auf der Pressekonferenz im Letzigrund sorgte sie überdies für Gelächter, weil ein Facetime-Anruf ihrer Familie einging. "Ich bin in einer Pressekonferenz", richtete sie an die Angehörigen aus. "Ich muss auflegen. Ich rufe zurück."

Als Kind stark geschielt

Es ist nicht selbstverständlich, dass eine Torfrau auf vielen Ebenen den Durchblick behält, obwohl sie früher so stark schielte, dass sie sich kein Glas Wasser unfallfrei eingießen konnte, wie sie einmal verriet. Hampton wurde mit einer Augenerkrankung geboren und als Kind mehrfach operiert.
Ärzte rieten ihr eigentlich vom Fußball ab, weil ihr die Tiefenwahrnehmung fehlt. "Ich habe immer daran geglaubt. Ich habe den Leuten das Gegenteil bewiesen", sagte sie nun. Bei der EM ist von einer Einschränkung nichts zu sehen. Eine Augenweide sind vielmehr ihre präzisen Pässe, die sie vorzugsweise flach und hart spielt.
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Zweimal überrumpelte Englands neue Heldin, die zur WM 2023 nicht mal im Kader stand, im wichtigen zweiten Gruppenspiel damit die Niederländerinnen (4:0). "Sie hat zwei Assists als Torhüterin. Das war brillant", lobte ihre Trainerin Wiegman.

Lob für Hampton von Sjoeke Nüsken

Beeindruckend verlief Hamptons Saison auch beim FC Chelsea, wo sie gemeinsam mit der deutschen Nationalspielerin Sjoeke Nüsken das Triple aus Meisterschaft, FA Cup und Ligapokal holte. "Hannah ist eine unglaublich gute Torhüterin", sagte Nüsken vor einigen Tagen.

Ihre Bälle aus dem Stand sind enorm gut.

Sjoeke Nüsken über Hannah Hampton

Hampton hatte vor der EM noch darunter gelitten, dass sie von englischen Fans in den Sozialen Medien angegriffen wurde, weil einige Anhänger in ihr einen Schwachpunkt vermuteten. "Das war hart. Ich habe doch nichts gemacht, dass sie mich hassen müssen." Sie hat ansonsten nicht viel mehr dazu gesagt - und einfach Taten sprechen lassen. Von Mary Earps redet inzwischen keiner mehr.

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