Quinoa: Wie der Boom den Boden in Südamerikas Anden zerstört hat
Zerstörter Boden in Bolivien:Nach dem Quinoa-Boom bleiben die Probleme
von Ronja Bachofer
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Jahrtausendelang wuchs Quinoa weitgehend unbehelligt in den bolivianischen Anden. Dann kam der Boom. Er brachte gutes Geld, zerstörte aber fruchtbaren Boden. Was helfen soll.
Quinoa gilt als Superfood: eiweißreich, glutenfrei, beliebt in der vegetarischen Küche. Das Getreide aus den Anden ist zudem anspruchslos. Der Hype um das Korn birgt aber auch Probleme.20.07.2025 | 28:41 min
Wenn Sergio Yucra über seine Felder streift, reichen ihm viele Quinoa-Pflanzen nur noch bis zur Hüfte. Früher wuchsen sie schulterhoch. Seit Jahren schon werden die Pflanzen immer kleiner. Die Quinoa bekommt zu wenige Nährstoffe aus dem Boden. Wie viele Landwirtinnen und Landwirte in der Gegend macht auch er sich große Sorgen: "Hinzu kommen Wetterextreme und die Hitze. In diesem Jahr gab es zu wenig Feuchtigkeit."
Ich denke, dass es in den nächsten zehn Jahren vielleicht weniger Quinoa-Produktion geben wird.
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Sergio Yucra, Quinoa-Bauer
Früher weideten Lamas auf den Feldern. Mit ihrem Dung brachten sie Leben in die Erde. Dieser Kreislauf in den bolivianischen und peruanischen Anden, der Heimat der Quinoa, funktionierte über Jahrtausende.
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Quinoa wird zum Superfood und boomt
Geändert hat sich das mit dem Boom. 2013 erklärten die Vereinten Nationen zum Jahr der Quinoa. Plötzlich wollte die ganze Welt etwas von dem Superfood kosten.
Quinoa enthält viel Protein und kaum Kalorien. Sie ist gut für Haut und Knochen, das Immunsystem und die Verdauung. Alle acht essentiellen Aminosäuren, die der menschliche Körper selbst nicht herstellen kann, sind darin.
Die Doku "Quinoa - Genuss mit Beigeschmack" fragt nach, wie nachhaltig das eiweißreiche Superfood wirklich ist. Und welche Schäden der Anbau oft hinterlässt. Sie können Sie am 20. Juli um 15:45 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streamingportal.
Landwirte erhalten viel Geld für Quinoa
Die bolivianischen Landwirtinnen und Landwirte bekamen ein Vielfaches des Preises gezahlt. Im Februar 2014 erhielt Sergio Yucra 8.200 US-Dollar für eine Tonne weiße Quinoa. Im Februar 2012 waren es noch 2.800 US-Dollar gewesen.
Mit Quinoa ließ sich gutes Geld verdienen. Menschen, die Jahre zuvor vom Land in die Städte gezogen waren, kamen zurück und bewirtschafteten ihre Felder wieder. Sie verkauften die Lamas und bauten immer mehr an. In Monokulturen und ohne Pausen.
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Boden in Bolivien soll gerettet werden
Heute erhält Sergio Yucra für eine Tonne Quinoa genauso viel Geld wie vor dem Boom. Ein Hauptgrund ist die inzwischen große Konkurrenz aus anderen Ländern.
Was bleibt, sind die kleinen Pflanzen. Rund die Hälfte der bolivianischen Böden ist inzwischen kaputt. Yucra will ihn retten. Gemeinsam mit Bodenforscher Javier Delgado hat er in diesem Jahr einen Kompost angesetzt aus Lama-Dung, Holzresten und heimischen Pflanzen.
Die oberste Schicht der Erdkruste ist an manchen Stellen nur wenige Zentimeter dick. Dieser fruchtbare Boden ist verletzlich - und dennoch Lebensgrundlage auf unserem Planeten.09.07.2025 | 51:45 min
Diese Komponenten sollen das Leben zurück in die trockene Erde bringen. "Im Labor sehen wir, dass genügend Stickstoff, Phosphor und Kalium im Boden vorhanden sind, aber sie sind für die Pflanzen nicht zugänglich. Dafür brauchen wir Mikroorganismen", sagt Delgado. In regelmäßigen Abständen entnimmt er Proben von Kompost und Boden, um sie im Labor und unter dem Mikroskop zu analysieren.
Wenn der Plan aufgeht, würden die bolivianischen Landwirte in Zukunft nicht nur mehr ernten und verkaufen. Die Pflanzen wären auch stärker und könnten sich besser gegen Krankheiten und Schädlinge wehren.
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Quinoa bald auch aus Deutschland?
Anders sieht das in Deutschland aus. Um hier wachsen zu können, muss sich die Pflanze nicht nur gegen mehr Unkraut durchsetzen, sondern sich auch an längere Tage und kürzere Sommer anpassen. Seit 2010 forscht Prof. Nazgol Emrani von der Universität Kiel an der perfekten Quinoa-Sorte für Deutschland und züchtet hilfreiche Eigenschaften.
Mit der Pinzette entfernt Emrani die gelben Staubbeutel der einen Quinoa-Pflanze, um sie mit einer zweiten zu kreuzen.
Dann bringt man die Pflanzen zusammen und schüttelt sie jeden Tag in der Hoffnung, dass eine Befruchtung stattfindet.
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Prof. Nazgol Emrani, Universität Kiel
"Anschließend werden die Samen aus der Mutterpflanze geerntet und in den Nachkommenschaften erwarten wir die Eigenschaften beider Elternpflanzen", sagt Emrani.
Quinoa-Genom seit 2017 vollständig entschlüsselt
Ob das geklappt hat, kann man seit 2017 schon bei den Samen analysieren. In dem Jahr wurde das Quinoa-Genom vollständig entschlüsselt. Man weiß nun, welche Regionen auf der Quinoa-DNA beispielsweise für die Größe der Pflanze oder den Ertrag wichtig sind.
Kaum Niederschlag, schlechter Ertrag, darunter leiden in diesem Jahr viele Landwirte. Der Bauernverband klagt über zu viel Bürokratie und fordert vom neuen Minister weniger Nachweispflichten.25.06.2025 | 2:05 min
Pflanze soll dem Klimawandel trotzen
Nach diesen Eigenschaften kann man dann gezielt selektieren. Emrani ist zuversichtlich, dass der Anbau von Quinoa auch in Deutschland immer mehr zunehmen wird. Weil die Pflanze sehr resistent gegen Hitze und Trockenheit ist, könnte sie auch in Zukunft bei immer höheren Temperaturen gut wachsen.
Der Boden, auf dem wir leben, ist ein kostbares Gut: Auf ihm wachsen die Pflanzen, die uns ernähren. Er ist ein guter CO2-Speicher, damit ist er eine wichtige Ressource für unser Überleben.16.11.2023 | 29:49 min