Mehrkosten für Stuttgart 21: Bahn muss alleine zahlen - Urteil

Gerichtsurteil:Stuttgart 21: Bahn bleibt auf Mehrkosten sitzen

|

Die Mehrkosten für das Bahnprojekt Stuttgart 21 muss die Deutsche Bahn alleine stemmen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.

 Blick auf die Baustelle des milliardenschweren Bahnprojekts Stuttgart 21 mit dem unter die Erde verlegten Tiefbahnhof
Die Gesamtkosten des milliardenschweren Bahnprojekts Stuttgart 21 werden derzeit auf gut elf Milliarden Euro geschätzt.
Quelle: dpa

Die Deutsche Bahn muss die milliardenschweren Mehrkosten des Bahnprojekts Stuttgart 21 einer Gerichtsentscheidung zufolge alleine tragen.
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) in Mannheim lehnte den Antrag auf Zulassung der Berufung der Bahn gegen ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ab.

Berufung nicht zugelassen

Das Verwaltungsgericht hatte im Mai vergangenen Jahres entschieden, dass die Bahn keinen Anspruch darauf hat, dass sich die Partner des Projektes an den Mehrkosten beteiligen müssen. Entsprechende Klagen der Bahn gegen das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, den Verband Region Stuttgart und den Flughafen Stuttgart hatte das Gericht damals abgewiesen.
Stuttgart-21
Am Osterwochenende konnten Besucher wieder zum Tag der offenen Tür die Baustelle „Stuttgart 21“ besuchen. Im umstrittenen Tiefbahnhof liegen inzwischen Gleise, Ende 2026 soll das Großprojekt eröffnet werden.23.04.2025 | 2:04 min
Dagegen hatte die Bahn Rechtsmittel eingelegt und beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Diesen Antrag lehnte der VGH nun ab. Die Bahn habe keine Gründe vorgelegt, die eine Zulassung der Berufung rechtfertigten, so das Gericht. Es bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, Verfahrensfehler lägen nicht vor. Das Stuttgarter Urteil sei damit rechtskräftig.

Entscheidung nicht anfechtbar

Die Entscheidung des höchsten Verwaltungsgerichts in Baden-Württemberg ist unanfechtbar - damit ist der verwaltungsgerichtliche Weg für die Bahn einer Gerichtssprecherin zufolge ausgeschöpft. Theoretisch sei es noch möglich, dass die Bahn vor das Bundesverfassungsgericht ziehe, so die Gerichtssprecherin.
Eine Person, in oranger Arbeitskleidung und mit Helm, steht inmitten eines unterirdischen Gebäudes zwischen Säulen. Durch das teilweise noch offenen Dach ist ein Turm des alten Stuttgarter Hauptbahnhofes zu sehen.
Stuttgart 21 – Deutschlands größte Baustelle, technisch enorm anspruchsvoll und immer noch umstritten. Arbeiten unter höchstem Zeitdruck, damit der Bahnhof endlich fertig wird.18.06.2023 | 30:10 min
Damit dürften auf die Bahn Milliardensummen zukommen. Der Konzern, der offiziell Bauherr von Stuttgart 21 ist, beziffert die Gesamtkosten für das Projekt derzeit auf gut 11 Milliarden Euro und hat zusätzlich einen Puffer von 500 Millionen Euro einkalkuliert. In einem Finanzierungsvertrag aus dem Jahr 2009 ist jedoch nur die Verteilung von Kosten bis zu einer Höhe von gut 4,5 Milliarden Euro geregelt. Die Mehrkosten von derzeit mindestens 6,5 Milliarden Euro dürften nach der Entscheidung bei der Bahn hängen bleiben.
Die Infografik zeigt einen Überblick über das Bahnprojekt Stuttgart 21. 1995 wurde das riesige Bauvorhaben vereinbart und verschlingt seitdem Milliardensummen. Gebaut werden 44 Brücken, 16 Tunnel und Durchlässe, 59 Kilometer Tunnelröhren, 57 Kilometer Schienenwege und vier Bahnhöfe. Das Herzstück ist der neue Stuttgarter Hauptbahnhof. Der ehemalige Kopfbahnhof wird zum Durchgangsbahnhof. So gibt es weniger Umstiege und die Züge stehen sich nicht im Weg. Die Gleise kommen unter die Erde. Das schafft Platz für ein ganzes Stadtviertel.

Stuttgart 21 Großprojekt - weit über Stuttgart hinaus

Das Projekt Stuttgart 21 steht nicht nur für den Bau des neuen Hauptbahnhofs in der Landeshauptstadt, sondern für die komplette Neuordnung des Bahnknotens Stuttgart. Gebaut werden neue Bahnhöfe - etwa ein neuer Fernbahnhof am Flughafen -, Dutzende Kilometer Schienenwege und Tunnelröhren, Durchlässe sowie Brücken. Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm schließt neben Stuttgart 21 auch den Neubau der bereits 2022 eröffneten Schnellfahrstrecke Wendlingen-Ulm ein.
 Bauarbeiter arbeiten in der Bahnsteighalle für den neuen Tiefbahnhof im Rahmen des milliardenschweren Bahnprojekts Stuttgart 21. (Archiv)
In den neuen Tiefbahnhof werden erst ab Juli 2027 alle Züge einfahren.
Quelle: dpa

Herzstück von Stuttgart 21 ist der neue unterirdische Hauptbahnhof, der im Gegensatz zum bisherigen Kopfbahnhof ein Durchgangsbahnhof sein wird. Gebaut wird an dem Projekt bereits seit 2010. Die Inbetriebnahme war bereits mehrfach verschoben worden. Vor wenigen Wochen hatte die Bahn angekündigt, Stuttgart 21 Ende 2026 nur teilweise in Betrieb nehmen zu wollen.

Züge erst im Juli 2027 komplett im neuen Bahnhof

Der Fernverkehr und ein Teil des Regionalverkehrs sollen ab Dezember 2026 in den neuen Tiefbahnhof fahren, ein Teil des Regionalverkehrs endet dagegen bis Juli 2027 weiter im alten Kopfbahnhof. Als Grund für die schrittweise Inbetriebnahme nannte das Unternehmen die Entzerrung von Sperrungen, die wegen der Arbeiten für den Anschluss der neuen Infrastruktur an die bestehenden Strecken nötig seien.
Milliardenschwere Bahnstrecke bleibt unbenutzt
Ein Güterzug in drei Jahren: Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm sollte den Bahnverkehr entlasten. Da die Strecke jedoch zu steil ist, kann sie kaum befahren werden – trotz Kosten in Milliardenhöhe.21.07.2025 | 4:03 min
Quelle: dpa

Mehr zum Thema