Wahlen in Sachsen und Thüringen: So reagiert die Wirtschaft

Wahlen in Sachsen und Thüringen:AfD-Erfolge: So reagiert die Wirtschaft

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Die Wahlerfolge von AfD und BSW in Sachsen und Thüringen sorgen in der Wirtschaft für deutliche Reaktionen. Es wird vor Fachkräfteabwanderung und einem Unternehmens-Exodus gewarnt.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen lösen in der Wirtschaft deutliche Reaktionen aus - Top-Ökonomen und Verbände warnen vor den wirtschaftlichen Konsequenzen durch die Wahlerfolge von AfD und BSW.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP - die teils drastische Verluste hinnehmen mussten - zum Handeln auf. Das Abschneiden sei "ein deutliches Warnzeichen".

Besonders der Zulauf zu den politischen Rändern zeigt die starke Verunsicherung der Menschen und das fehlende Zutrauen, dass sich unser Land in die richtige Richtung entwickelt.

Rainer Dulger, Arbeitgeberpräsident

Für die sächsischen und thüringischen Unternehmen, die auch im globalen Wettbewerb stünden, könne sich der Arbeitskräftemangel weiter verschärfen, sagte die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer. "Unternehmensnachfolgen würden erschwert, gegebenenfalls könnte das zu Firmenaufgaben führen", sagte die Vorsitzende des Sachverständigenrates.

Sächsischer Landtag

Die CDU hat zwar die Wahl in Sachsen gewonnen - knapp vor der zweitplatzierten AfD. Die Regierungsbildung aber dürfte schwierig werden.

02.09.2024 | 2:12 min

Top-Ökonom: AfD-Wahlerfolge könnten zu Fachkräfteabwanderung führen

Vor allem die AfD stehe für Protektionismus und eine Abschottung von Europa, für weniger Zuwanderung von Fachkräften und eine geringere Offenheit und Vielfalt, sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher. Er halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Wahlergebnisse zu einer Abwanderung von Unternehmen und auch Fachkräften führen werde.

Vor allem junge, gut qualifizierte und hoch motivierte Bürgerinnen und Bürger werden die beiden Bundesländer verlassen und dorthin gehen, wo sie mehr Offenheit und Wertschätzung erfahren.

Marcel Fratzscher, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung

"Dies dürfte einen Anstieg der Insolvenzen und einen Exodus von Unternehmen zur Folge haben", erklärt Fratzscher.

Besorgt äußerte sich auch das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft. "Für die Wirtschaft kann das nichts Gutes verheißen, denn es braucht politische Berechenbarkeit, institutionelle Stabilität und verlässliche Rahmenbedingungen", sagte IW-Direktor Michael Hüther.

Karl-Rudolf Korte zu den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen

Etablierte Parteien würden für eine Mehrheit der Menschen keine Antworten mehr liefern, analysiert Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte die Ergebnisse in Sachsen und Thüringen.

01.09.2024 | 1:10 min

Digitalverband: Deutschland muss für "Weltoffenheit" stehen

Der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Ralf Wintergerst, sieht ebenfalls Probleme auf die Digitalwirtschaft zukommen: "Die geplanten Halbleiterfabriken in Sachsen werden wir ohne Fachkräfte aus dem Ausland nicht betreiben können", sagte Wintergerst. Doch solche Spitzenkräfte könnten sich ihren Arbeitsort frei aussuchen.

Deutschland muss ein Land bleiben, das für Weltoffenheit und Innovationsfreude steht.

Ralf Wintergerst, Digitalverband Bitkom

Diese Werte würden weder AfD noch BSW vertreten. Die Hauptgeschäftsführerin Dorothee Brakmann vom Branchenverband der Pharmaindustrie, Pharma Deutschland, äußert sich ähnlich:

Investoren und Fachkräfte werden sich zweimal überlegen, ob sie in ein Umfeld investieren, das von internationaler Ausgrenzung und Abschottung geprägt ist.

Dorothee Brakmann, Pharma Deutschland

Eva Quadbeck

"Das Besondere an diesem Desaster ist ja, dass erstmals wirklich die Kräfte am politischen Rand die Wahlen gewonnen haben", so Eva Quadbeck vom Redaktionsnetzwerk Deutschland.

02.09.2024 | 3:50 min

Familienunternehmer: "Riesenmehrheit von wirtschaftsfeindlichen Parteien"

Der Thüringer Landesverband der Organisation Die Familienunternehmer beklagte am Sonntagabend, es gebe "im neuen Landtag eine Riesenmehrheit von wirtschaftsfeindlichen Parteien - AfD, BSW und Linkspartei". "Wir Familienunternehmer setzen auf den großen Pragmatismus des BSW, dass diese Partei doch noch umschwenkt auf eine so dringend nötige Wachstumspolitik", erklärte Landesverbandschefin Colette Boos-John.

Der sächsische Landesverband der Familienunternehmer erklärte, der Mittelstand brauche "Verlässlichkeit und Kontinuität". Die CDU stehe als voraussichtlich stärkste Kraft bei der Landtagswahl nun vor der Aufgabe, "eine Koalition mit größter Wirtschaftskompetenz zu bilden", mahnte Landesverbandschef Christian Haase.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD kommt nicht infrage, und thematisch passt in der Programmatik des BSW vieles nicht zu einer freien Marktwirtschaft.

Christian Haase, sächsischer Landesverband der Familienunternehmer

Quelle: Reuters, dpa, AFP

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