Riccardo Simonetti in "&Julia": Seine neue Rolle im Musical

Interview

Riccardo Simonetti:"Es hat schon immer Menschen wie mich gegeben"

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Ob als Entertainer, Model oder Aktivist: Riccardo Simonetti liebt das Rampenlicht. Und er nutzt es, um auf die Rechte von Minderheiten aufmerksam zu machen.

Moderator und Autor Riccardo Simonetti
Moderator Riccardo Simonetti probiert sich neu aus: Für einen Gastauftritt in der modernen Musical-Inszenierung des Klassikers "& Julia" steht er auf der Bühne des Operettenhaus in Hamburg.28.07.2025 | 2:37 min
ZDFheute: Du bist sehr modemutig, trägst gerne auffällige Kleidung und probierst viel aus. Woher kommt diese Liebe, in andere Rollen zu schlüpfen?
Riccardo Simonetti: Ich habe früher Theater gespielt und dabei oft bunte Kostüme getragen - das fand ich großartig. Ich habe mich schon immer zu dieser Art von Kleidung hingezogen gefühlt. Aber immer, wenn ich solche Kleidung außerhalb der Bühne getragen habe, kam das nicht gut an: ein Junge in Kleidern!
Wenn ich jedoch auf der Bühne stand und ein Kostüm trug, fanden es alle toll - es gab Applaus. Ich wollte mir ein Leben aufbauen, in dem es möglich ist, diese Kleidung immer zu tragen und die Person auszuleben, die ich wirklich bin.

Riccardo Simonetti auf dem roten Teppich bei der Magnum Party in Cannes 2025.
Quelle: action press

...ist ein deutscher Entertainer, Moderator, Autor und LGBTQ-Aktivist. Er wurde 1993 in Bad Reichenhall geboren. Bekannt ist er für sein Engagement für Diversität sowie seine Auftritte im TV, auf Social Media und als Sonderbotschafter des EU-Parlaments.

Ende Juli spielte Simonetti eine Gastrolle im Pop-Musical "&JULIA" in Hamburg, in dem es um Vielfalt, Toleranz, Selbstbestimmung geht.

ZDFheute: Du hast einen Gastauftritt im Musical "&Julia". Darin geht es um Themen, für die du dich auch engagierst: Vielfalt, Toleranz, Selbstbestimmung. Warum ist dir das so wichtig?
Simonetti: Ich habe das Gefühl, dass es unsere Aufgabe ist, marginalisierte Menschengruppen zu stärken.

Ich versuche, die Rechte von queeren Menschen weltweit zu unterstützen und auf Missstände aufmerksam zu machen.

Das kann ich über die Plattform tun, die mir Fernsehen oder andere Medien bieten.
Julia
Kostüm, Maske, Proben - unsere Reporterin wirft einen exklusiven Blick hinter die Kulissen des Musicals "&Julia" im Hamburger Operettenhaus. Sie erlebt den Alltag des Ensembles hautnah - und steht am Abend selbst auf der Bühne.06.06.2025 | 5:49 min
Aber wir alle müssen uns an die eigene Nase fassen: Wenn wir eine tolerante Gesellschaft wollen, in der alle Menschen Platz haben, dann müssen wir auch alle aktiv daran mitwirken. Viele Leute denken, sie haben nichts damit zu tun.
Aber jeder wird einmal im Leben an diesen Punkt kommen: Nämlich wenn man älter wird und auf einmal unsichtbarer wird und die eigenen Bedürfnisse in der Gesellschaft nicht mehr gesehen werden. Dann ist man froh, wenn man an einer Gesellschaft mitgearbeitet hat, die Platz am Tisch gemacht hat.
ZDFheute: Warum ist das deiner Meinung nach gerade heute besonders wichtig?
Simonetti: Ich glaube, es hat schon immer Menschen wie mich gegeben - queere Menschen, die ihre Stimme erhoben haben. Ihnen verdanken wir die Rechte, die wir heute genießen dürfen. Ich versuche, die Tür weiter zu öffnen - für mich selbst und für die, die nach mir kommen.

Gerade jetzt ist das wichtig, weil wir erleben, dass in Politik und Gesellschaft Türen wieder geschlossen werden, die lange Zeit offen waren.

ZDFheute: Du bist in Bad Reichenhall aufgewachsen, katholisch erzogen worden, warst Ministrant. Wie hast du es geschafft, deinen eigenen Weg zu gehen?
Simonetti: Viele denken, dass mein katholisches Aufwachsen, meine christliche Privatschule und mein Ministranten-Dienst völlig im Widerspruch zu der Welt stehen, in der ich mich heute bewege. Aber wenn wir ehrlich sind:

Als Ministrant habe ich mein erstes Kleid auf der Bühne getragen – und das habe ich sehr genossen!

Übergabe einer Petition für queere Sichtbarkeit im Bundestag
Immer öfter werden queere Menschen Opfer von Straftaten. Das geht aus der jüngsten Statistik des Bundeskriminalamts hervor. 15.07.2025 | 2:47 min
ZDFheute: Wie gehst du mit Kritik, Hass im Netz und beleidigenden Kommentaren um? Wie reagierst du auf homophobe Äußerungen?
Simonetti: Manchmal denke ich, dass sich mein Leben gar nicht so sehr verändert hat.

Wenn ich mir die Kommentare auf Instagram anschaue, ist das gar nicht so anders als das, was mir früher auf dem Schulhof hinterhergerufen wurde.

Solange das so ist, bleibt es ein wichtiger Reminder: Man muss seine Stimme erheben und laut bleiben. Denn es gibt noch immer viele Menschen, die einem Steine in den Weg legen - auf einem Weg, der ohnehin schon nicht leicht ist.
Das Interview führte Annette Yang aus dem ZDF-Landesstudio Hamburg.

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