Georgia: Neue Wahlregeln schüren Sorgen nach US-Wahl

Chaos nach der US-Wahl?:Sorge um Sicherheit der Wahlhelfer in Georgia

Anna Kleiser vor dem US-Kapitol
von Anna Kleiser, Athens, Georgia
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Panikknöpfe, kugelsichere Scheiben: Viele Wahllokale werden kurz vor der US-Wahl gesichert. Neue Wahlregeln in Georgia erfordern neue Trainings - und schüren Sorgen vor Chaos.

Trump-Anhängerin im US-Bundesstaat Georgia

"Pitpulls, die für Ehrlichkeit, Transparenz und Sieg kämpfen", nannte Donald Trump drei Mitglieder des Wahlausschusses in Georgia, die für neue Regeln bei der US-Wahl stimmten.

Quelle: Imago

Wenige Wochen vor der US-Wahl hat eine Mehrheit der Wahlkommission in Georgia mehrere neue Regeln zur Zertifizierung der Präsidentschaftswahlen diktiert. Mit drei zu zwei Stimmen setzten sich damit Trump-Republikaner durch - gegen den unparteiischen Vorsitzenden und die Demokratin im Ausschuss und gegen zahlreiche Kritik von außen.

Die kurzfristigen Änderungen haben parteiübergreifend bei Fachleuten, Wahlleitungen im Bundesstaat und beim republikanischen Innenminister Georgias, Brad Raffensperger, Sorge ausgelöst. Die Kritiker befürchten zum einen "Chaos" dadurch, dass die Änderungen so spät kamen. Zum anderen könnten einzelne lokale Wahlvorstände die Befugnisse missbrauchen, um die Zertifizierung der Ergebnisse zu verzögern.

Die Demokraten haben dagegen geklagt, die Republikaner verteidigen die Änderungen als zusätzliche Sicherheit. Die Entscheidung der zuständigen Richterin in Georgia steht noch aus.

Lokale Wahlleiterin: Anpassung der Regeln gelingt

In Athens, Georgia, ist Charlotte Sosebee für die Wahlen verantwortlich. Die Wahlleiterin hat 35 Jahre Wahl-Erfahrung und hat diverse Regeländerungen mitgemacht. Als wir sie Ende September treffen, sind die Vorbereitungen für die Wahl in vollem Gange. Sie zeigt sich für ihren Wahlkreis optimistisch, dass die Anpassung an die neuen Regeln im Training der Wahlhelfer dennoch gelingt.

Eine Schwarze Frau steht im Kleid und mit vielen Anstecknadeln an einem Band vor einer Wahlurne in einem hellen Raum.

Seit Dezember 2016 ist Charlotte Sosebee für die Wahlen im Athens-Clarke County verantwortlich. Sie hat das Gefühl, dass Wählern dort sehr bewusst sei, wie wichtig Georgia sein könnte.

Quelle: ZDF

Für Sosebee ist klar, das größte Problem ist die Kurzfristigkeit, weil viele Abläufe bereits anders geplant waren. Durch Unwissenheit könne es zu einem Verstoß kommen und "darin liege die Gefahr". Am Wahlergebnis und der Sicherheit des Systems ändere sich jedoch nichts.

Sie sagt aber auch: "Leider haben die Menschen einfach kein Vertrauen mehr in den Prozess." In ihrem Bezirk versuche sie, mit maximaler Transparenz und Aufklärung über das Wahlsystem gegenzusteuern.

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Chaos öffnet Raum für Falschinformationen

So sehen es auch viele Fachleute. Sie betonten, die US-Gesetze seien klar und die Wahl sei sicher. Es gebe ausreichend Kontrollmechanismen, die den Bundesstaaten notfalls ermöglichen, die Zertifizierung gerichtlich zu erzwingen, sollten sich auf lokaler Ebene Wahlhelfer weigern.

Das Problem sei ein anderes, meint Politologe Charles Stewart.

Ich mache mir Sorgen über punktuelle Ausbrüche von Chaos im Zusammenhang mit der Auszählung.

Prof. Charles Stewart, Massachusetts Institute of Technology

Diese könnten "viel mediale Aufmerksamkeit erregen". So könne der Eindruck entstehen, dass die Dinge mehr aus dem Ruder laufen, als sie es in Wirklichkeit tun, erläutert Stewart. Chaos schaffe Raum für Falschinformationen. All das könnte weitere Zweifel an der Integrität der Wahl schüren. Letztlich werde es ein politisches Problem.

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Aktuell fordert Trump seine Anhänger*innen gerne auf, ihn "too big to rig" zu wählen - also in so großer Zahl, dass das Ergebnis nicht manipuliert werden könne. Während er selbst angeklagt ist für den Versuch, das Ergebnis der Wahl 2020 zu beeinflussen.

Die Erzählung von der gestohlenen Wahl war für einige Grundlage für den Sturm auf das Kapitol vor vier Jahren. Dementsprechend wächst die Sorge vor erneuter Gewalt. Auch der amtierende US-Präsident Joe Biden zeigte sich zuletzt besorgt:

Ich bin überzeugt, dass sie [die Wahl] frei und fair sein wird. Ich weiß nicht, ob sie friedlich sein wird.

Joe Biden, US-Präsident

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Zusätzliche Sorge: Sicherheit in Wahllokalen

Charlotte Sosebee atmet einmal tief durch, als wir fragen, wie sie auf die Wahl blicke, da Drohungen gegenüber Wahlleitern keine Seltenheit sind. Sie selbst sei noch nicht bedroht worden, "aber einige meiner Kollegen" so Sosebee. "Für mich gilt, wenn du sie bedrohst, bedrohst du auch mich", sagt sie.

Es ist sehr belastend. Ich mache mir mehr Sorgen um die Wahlhelfer und um mein Personal.

Charlotte Sosebee, Wahlleiterin Athens-County, Georgia

Präventiv werden fast überall im Land gerade die Sicherheitsvorkehrungen an Wahllokalen erhöht. Viele Wahlhelfende bekommen besondere Trainings, darunter Deeskalationstechniken. Einige Wahllokale bekommen Panikknöpfe, kugelsichere Scheiben und neue Überwachungskameras.

Selbst wenn die neuen Regeln also juristisch wenig Einfluss auf die Wahl und das Ergebnis haben, sorgen sie an mehreren Stellen für Unsicherheit.

Anna Kleiser ist Korrespondentin im ZDF-Studio Washington.

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