Krieg in Nahost: Wie iranische Frauen auf die Eskalation blicken

Krieg in Nahost:Wie Iranerinnen auf die Eskalation blicken

von Lisa Jandi
|

Der verkündete Waffenstillstand zwischen Iran und Israel ist brüchig. Wie Iranerinnen die Lage sehen und warum sie Rache des Teheraner Regimes an politischen Gefangenen fürchten.

Aus Solidarität mit der Protestbewegung im Iran gegen das dortige Mullah-Regime hat ein Exil-Iraner in Bremen die Schaufenster seines Teppichgeschäfts mit Protestaufklebern versehen.
Was sagen Iranerinnen zur aktuellen Lage in Nahost?
Quelle: imago images

Nach elf Tagen Krieg war es ein Funke der Erleichterung, als es zum ersten Mal hieß, Iran und Israel bestätigen die Feuerpause. Daniela Sepehri, Menschenrechtsaktivistin aus Berlin, sagt:

Die Menschen in Iran stehen ja an zwei Fronten, sie wurden immer durch das Regime bedroht und dann noch durch die Bomben von außen.

Daniela Sepehri, Menschenrechtsaktivistin


Eine junge Frau aus iranischen Stadt Schiras, deren Namen wir aus Sicherheitsgründen nicht nennen, schreibt am Dienstagvormittag: "Iran hat den Waffenstillstand gebrochen. Ich bin gegen jede Art von Krieg. Wer sagt mir, dass das nächste Opfer nicht jemand aus meinem Freundeskreis ist?"
Auf die Frage, was ihre Hoffnung ist, schreibt sie: "Ich bin nur noch verwirrt, ich weiß gerade nicht mal mehr, was ich will."
Krieg zwischen Israel und Iran
Iran hat eine US-Militärbasis in Katar beschossen, offenbar ohne größere Folgen. Trump hält ein Ende der gegenseitigen Angriffe für möglich. Unterdessen gehen Angriffe zwischen Israel und Iran weiter.24.06.2025 | 2:25 min

Angriff auf Ewin-Gefängnis: Angehörige in Sorge

Daniela Sepehri hat ein Patenschaftsprogramm für politische Gefangene in Iran initiiert. Die meisten von ihnen sind im Ewin-Gefängnis in Teheran, auch "Universität Irans" genannt, inhaftiert.
Daniela Sepehri
Daniela Sepehri.
Quelle: Nassim Rad

Denn hier sitzt die geistige Elite des Landes hinter Gittern - am Montag wurde das Ewin-Gefängnis Ziel eines israelischen Angriffs. "Die Angehörigen machen sich große Sorgen", so Daniela Sepehri.

Wir haben Angst, dass die Bevölkerung jetzt die Rache des Regimes zu spüren bekommt - und vor allem die politischen Gefangenen.

Daniela Sepehri, Menschenrechtsaktivistin

Laut iranischer Menschenrechtsorganisation HRANA wurden seit Kriegsbeginn mehr als 700 Menschen festgenommen. Wegen angeblicher "Spionage für Israel" wurden bereits zwei Menschen hingerichtet. Jede Äußerungen über den Krieg birgt Gefahren.
SGS Sievers Schindler
Für einen Regimewechsel in Iran brauche es eine starke Opposition, sagt Sicherheitsexperte Hans-Jakob Schindler. Aktuell fehle es aber an Führung und einer gemeinsamen Vision.23.06.2025 | 4:54 min

Iranerinnen: Sturz des Regimes nur von Innen möglich

Mariam Clarens Mutter Nahid Taghavi war vier Jahre lang im Ewin-Gefängnis inhaftiert, Anfang dieses Jahres kam sie endlich frei und zurück nach Deutschland. Die Gefangenen aus Ewin seien mit Bussen abgeholt und wegtransportiert worden, es gebe keine verlässlichen Quellen wohin, sagt Mariam Claren.
Mariam Claren
Mariam Claren.
Quelle: Mariam Claren

Auch sie befürchtet, dass das Regime seine offensichtliche außenpolitische Schwäche an Dissidenten auslässt. "Nein zum Krieg und nein zur Islamischen Republik Iran. Manche finden, das sei eine idealistische Haltung. Aber wann genau hat eine militärische Intervention von außen je etwas gebracht?"
Ein Sturz des Regimes könne nur von innen kommen, da sind sich Mariam Claren und Aktivistin Daniela Sepehri einig.

Die Islamische Republik fällt nicht durch israelische Bomben. Dieser Krieg hat zur Schwächung der Demokratiebewegung beigetragen.

Mariam Claren

Kritik an westlichem Vorgehen

Das Ausland diskutiert über die Erfolgsaussichten eines "Regime Changes", den sich die große Mehrheit der Iranerinnen und Iraner wünscht. Die junge Frau aus dem Iran schreibt dazu: "Vor zwei, drei Jahren (während der "Frau, Leben, Freiheit"-Bewegung, Anm. d. R.) waren wir dafür bereit, im Geist und im Herzen. Aber jetzt sind wir nur verwirrt."
Die westliche Welt habe die "Frau, Leben, Freiheit"-Bewegung damals im Stich gelassen, finden Daniela Sepehri und Mariam Claren. Es hätte Möglichkeiten gegeben, sie zu unterstützen: die Revolutionsgarden auf die Terrorliste zu setzen, gezielte Sanktionen, ein Ende der Handelsbeziehungen und viele mehr.

Hätte die Welt auf die Menschen in Iran gehört, hätte es nie soweit kommen müssen. Das alles wurde ignoriert und dieser Krieg nützt niemandem, nicht der Zivilgesellschaft in Israel, nicht der in Iran, sondern nur der Machtsicherung von Netanjahu und Chamenei.

Daniela Sepehri, Menschenrechtsaktivistin

Nahost-Konflikt
:Aktuelle Nachrichten zur Eskalation in Nahost

Nach dem US-Angriff auf Atomanlagen in Iran hat Teheran einen Vergeltungsangriff gestartet. Arabische Länder verurteilen den Angriff. Alle Entwicklungen im Liveblog.
Schäden am Weizmann-Institut für Wissenschaft durch einen iranischen Raketeneinschlag in Rehovot
Liveblog

Aktuelle Nachrichten zum Nahost-Konflikt