Ex-Botschafter: Trump tut nichts wirklich gegen Putin

Interview

Rüdiger von Fritsch:Ex-Botschafter: Trump tut nichts wirklich gegen Putin

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Putins Ziel sei es, die Ukraine zu unterwerfen, sagt der ehemalige Moskau-Botschafter, Rüdiger von Fritsch im ZDF. Daran werde er festhalten. Trump setze ihn kaum unter Druck.

SGS Slomka - von Fritsch
Sehen Sie hier das Interview mit Rüdiger von Fritsch in voller Länge.13.08.2025 | 4:45 min
Vor dem Treffen von Donald Trump und Kreml-Chef Wladimir Putin am Freitag in Alaska haben sich die Europäer mit dem US-Präsidenten zusammengeschaltet. Bundeskanzler Friedrich Merz pochte auf einen Waffenstillstand und Sicherheitsgarantien für Kiew.
Das diplomatische Vorgehen der Europäer sei geschickt gewesen, erklärt der ehemalige deutsche Botschafter, Rüdiger von Fritsch im Interview mit dem ZDF heute journal. Was von dem Treffen am Freitag zu erwarten ist und welche Interessen Putin hat - darauf hat der Diplomat Antworten.
Sehen Sie das Interview oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
Im Interview mit dem ZDF heute journal betont von Fritsch, dass ...

... die Europäer geschickt agieren

Rüdiger von Fritsch, ehemaliger deutscher Botschafter in Moskau, lobt das diplomatische Vorgehen der Europäer in den vergangenen Tagen. Sie hätten in einer äußerst schwierigen Lage "entschlossen, geschickt und am Ende möglicherweise im Rahmen des Möglichen […] auch erfolgreich gehandelt".
Die Komplexität der Situation liege laut ihm nicht nur in der Aggression des russischen Präsidenten, der "alle Regeln über Bord geworfen" habe, sondern auch beim amerikanischen Präsidenten. Man könne sich nicht sicher sein, ob Trump die Zukunft und Sicherheit der Ukraine oder Europas wirklich wichtig sei.
Daher sei es entscheidend gewesen, Trump zu vermitteln, "mit wem er es zu tun hat". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe nach dem Treffen betont, man müsse immer darauf vorbereitet sein, "dass Putin blufft". Tatsächlich sei es dem Kremlchef gelungen, "Trump seit Beginn dessen Präsidentschaft […] ständig quasi am ausgestreckten Arm vor sich her zu halten".

[Trump] tut nichts wirklich gegen ihn. Und Putin kann seinen schrecklichen Krieg weiterfortsetzen.

Rüdiger von Fritsch, ehemaliger Botschafter in Moskau

aj-doku: Friedensbringer Trump
Donald Trump träumt vom Friedensnobelpreis. In Alaska will er mit Wladimir Putin über ein Kriegsende in der Ukraine verhandeln. Wer profitiert von dem Gipfeltreffen?13.08.2025 | 18:31 min

... Putin nicht an einem Waffenstillstand interessiert ist

Mit Blick auf den Gipfel am Freitag dämpft von Fritsch die Erwartungen.

Also es wäre ein großer Erfolg, wenn das Selbstverständliche gelingen würde, was die Ukrainer seit dreieinhalb Jahren fordern, nämlich ein Waffenstillstand ohne irgendeine Voraussetzung.

Rüdiger von Fritsch, ehemaliger Botschafter in Moskau

Doch Russland sei dazu nicht bereit.
Für Moskau gelten laut einem russischen Sprecher des Außenministeriums weiterhin jene Bedingungen, "die Putin im Juni 2024 noch einmal formuliert hat". Diese seien seit Kriegsbeginn unverändert: Er wolle die Ukraine unterwerfen und Gebietsabtretungen. Sein übergeordnetes Ziel: "Die Schwächung der europäischen Sicherheit".
Von Fritsch vermutet, dass Putin gleichzeitig versuchen werde, Trump "wunderbare Zukunftsaussichten in einer gemeinsamen, wirtschaftlichen Zusammenarbeit" aufzuzeigen – etwa, indem er "mit ihm über Alaska und sonst was reden" wolle, um dabei keine "Zugeständnisse machen zu müssen".
Aylin Matlé von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik.
Wenn sie die Situation zu Beginn des Jahres mit der aktuellen Lage vergleiche, sei ein vorsichtiger Optimismus angebracht, sagt Aylin Matlé mit Blick auf das Trump-Putin-Treffen.13.08.2025 | 15:31 min

... Trump Putin bisher nicht unter Druck setzt

Der ehemalige Botschafter warnt davor, Putin zu unterschätzen, und zieht einen historischen Vergleich: "Es würde sich lohnen, wenn Donald Trump mal in die Geschichtsbücher schauen würde."

1938, Münchner Abkommen: Man glaubte den Diktator, Hitler damals zufrieden stellen zu können, indem man ihm ein Stück Europas gibt, die halbe Tschechoslowakei und der sagt, 'vielen Dank dafür' und ein Jahr später beginnt der Zweite Weltkrieg.

Rüdiger von Fritsch, ehemaliger Botschafter in Moskau

Auch wenn man nicht alles vergleichen könne, sei klar: Putin werde alles, was man ihm "jetzt schon im Vorgriff sozusagen, ankündigend" anbiete, dankend annehmen und fragen: "was gibt's sonst noch". Putin sehe sich unter keinem Druck und habe "kein abstraktes Interesse Frieden zu schließen". Den hätte er schon seit dreieinhalb Jahren haben können, "er müsste nur seine Soldaten nach Hause schicken".
Auch beim Gipfel werde Putin darauf setzen, Trump eine Friedensbereitschaft vorzuspielen, Gespräche auf niedriger Ebene anzubieten und gleichzeitig "irgendwelche Konzessionen zu vermeiden". "Und bis jetzt nimmt Donald Trump ihn nicht wirklich unter Druck. Nur das funktioniert, wie man weiß", bilanziert Rüdiger von Fritsch.
Das Interview führte Marietta Slomka, zusammengefasst hat es Katharina Schuster.
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