Thailand: Ministerpräsidentin ein Jahr nach Amtsantritt abgesetzt

Umstrittenes Telefongespräch:Urteil: Thailands Regierungschefin muss gehen

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Das Verfassungsgericht in Thailand hat entschieden, dass Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra ihres Amtes enthoben wird. Bereits im Juli wurde die Politikerin suspendiert.

Paetongtarn Shinawatra (m)

Paetongtarn Shinawatra: Das Verfassungsgericht in Thailand enthebt Regierungschefin ihres Amtes.

Quelle: AFP

Nur ein Jahr nach ihrem Amtsantritt muss Thailands Ministerpräsidentin Paetongtarn Shinawatra schon wieder abtreten. Das hat das Verfassungsgericht des Königreichs entschieden. Bereits Anfang Juli ist die 39-Jährige suspendiert worden.

Laut Gericht habe die Politikerin in einem geleakten Telefongespräch gegen ethische Grundsätze verstoßen und ihr Amt deshalb aufgeben müssen. Die Urteilsverkündung wurde live auf der Webseite des Gerichts übertragen.

 Der kambodschanische Premierminister Hun Manet (l) und der amtierende thailändische Premierminister Phumtham Wechayachai (r) reichen sich die Hände, während der malaysische Premierminister Anwar Ibrahim nach Gesprächen über einen möglichen Waffenstillstand zwischen Thailand und Kambodscha gestikuliert

Thailand und Kambodscha haben sich auf eine Waffenruhe geeinigt. Das teilte der malaysische Ministerpräsident mit, der nach Eskalationen im Grenzkonflikt vermittelt hatte.

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Gesamtes Kabinett muss abtreten

Damit muss nun das gesamte Kabinett zurücktreten, bleibt jedoch bis zur Bildung einer neuen Regierung geschäftsführend im Amt. Interims-Ministerpräsident Phumtham Wechayachai führt ebenfalls weiter die Amtsgeschäfte, bis das Parlament über einen neuen Regierungschef entscheidet. Ob dieser erneut aus Paetongtarns Partei "Pheu Thai" stammen wird, ist aber unklar.

Mit Paetongtarn hat das Gericht insgesamt bereits fünf Regierungschefs innerhalb von 17 Jahren abgesetzt.

Paetongtarn sagte vor Journalisten, sie akzeptiere die Entscheidung des Gerichts. Sie bekräftigte, dass es ihr lediglich um die Wahrung des öffentlichen Interesses gegangen sei und sie die Bürger des Landes schützen wollte. Das Urteil werde politische Veränderungen in Thailand mit sich bringen, fügte sie hinzu.

Worum ging es vor Gericht?

Das Gericht hatte im Juni eine Petition von 36 Senatoren angenommen, die der Politikerin schwerwiegende ethische Verstöße vorwarfen. Paetongtarn war wegen einer geleakten Audio-Aufnahme eines Telefonats mit dem kambodschanischen Ex-Langzeitherrscher und heutigen Senatspräsidenten Hun Sen zunehmend unter Druck geraten. Vor der Suspendierung hatten Tausende Kritiker in Bangkok demonstriert und ihren Rücktritt gefordert.

In dem brisanten Telefonat Mitte Juni ging es um den seit langem schwelenden Konflikt an der etwa 800 Kilometer langen Grenze zwischen den Nachbarländern Thailand und Kambodscha. Zuletzt war der Disput dramatisch eskaliert, nachdem es Ende Mai zu einem Schusswechsel zwischen Soldaten beider Länder gekommen war. Ende Juli wurde bei Verhandlungen in Malaysia schließlich eine Waffenruhe vereinbart.

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In ihrem Gespräch mit Kambodschas starkem Mann hatte Paetongtarn einen hochrangigen Militär in der Grenzregion als ihren "Gegner" bezeichnet und den mit ihrer Familie befreundeten Hun Sen als "Onkel" angesprochen. Gleichzeitig hatte sie sich ihm gegenüber sehr unterwürfig geäußert.

Richter: Ethische Standards verletzt

Das sorgte für großen Wirbel. Obwohl sich Paetongtarn später entschuldigte, verließ die zweitgrößte Koalitionspartei Bhumjaithai aus Wut das Regierungsbündnis. Ihr Verhalten habe ethische Standards verletzt und ihre politische Unerfahrenheit gezeigt, urteilten die Richter.

Als Paetongtarn Shinawatra im vergangenen August vom Parlament zur neuen Regierungschefin gewählt wurde, kam damit erst zum zweiten Mal in der Geschichte Thailands eine Frau an die Macht. Auch war Paetongtarn mit damals 37 Jahren die jüngste Ministerpräsidentin aller Zeiten in dem südostasiatischen Land.

Vor ihr hatten in der Vergangenheit schon ihr Vater Thaksin Shinawatra und dessen Schwester Yingluck Shinawatra die Regierung geführt. Beide wurden jeweils durch einen Putsch gestürzt.

Thaksin ist einer der reichsten Männer des Landes. 2008 floh er wegen verschiedener juristischer Vorwürfe aus dem Land, um einer Haftstrafe zu entgehen. 2023 kehrte er zurück und wurde umgehend inhaftiert. König Maha Vajiralongkorn reduzierte Thaksins Haftstrafe wegen Korruption schließlich auf ein Jahr. Im Februar 2024 wurde der Tycoon auf Bewährung vorzeitig aus der Haft entlassen. Ende August 2025 war er schließlich vom Vorwurf der Majestätsbeleidigung freigesprochen worden. Im Falle eines Schuldspruchs hätten ihm bis zu 15 Jahre Haft gedroht.

Quelle: dpa


Quelle: dpa

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