Äußerungen zur Ukraine-Politik:Kehrtwende Trumps? "Abwarten, was davon bleibt"
Eine "Kehrtwende"? US-Präsident Trump schlägt offenbar neue Töne in seiner Ukraine-Politik an. Kiew und die EU reagieren positiv. Aber es gibt Grund zur Skepsis.
Nach Ansicht von US-Präsident Trump kann die Ukraine von Russland besetzte Gebiete zurückerobern. Das sagte Trump nach einem Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj.
24.09.2025 | 1:44 minVon einer "großen Kehrtwende" spricht der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, wohlwollende Stimmen kommen auch aus der EU: US-Präsident Donald Trump hat seinen sonst positiven Tonfall gegenüber Moskau geändert und zugleich erklärt, er sehe die Ukraine in der Lage, mit Unterstützung der Europäischen Union "die gesamte Ukraine in ihrer ursprünglichen Form zurückzugewinnen". Russland bezeichnete er in militärischer Hinsicht als "Papiertiger".
Diese Aussage habe nicht nur Selenskyj überrascht, sondern auch die große Mehrheit der Ukrainer, berichtet ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh aus Kiew:
Es war diesmal - aus ihrer Sicht - ein positiver Richtungswechsel im Weißen Haus.
Dara Hassanzadeh, ZDF-Reporter in Kiew
US-Präsident Donald Trump vollzieht eine Kursänderung gegenüber Russland im Ukraine-Krieg. "Für die meisten Menschen ist das eine große Überraschung", so ZDF-Reporter Dara Hassandazeh.
24.09.2025 | 1:41 minMilitärexperte: Viele Ankündigungen, keine Taten
Er wechsele allerdings oft seine Ansichten, meint etwa die Jurastudentin Sofia Vavilova in Kiew, "diesmal klingt es gut für die Ukraine." Politische Analysten verwiesen außerdem auf Trumps Einschränkung "mit Hilfe Europas", betont Hassanzadeh. Dies lasse kaum Rückschlüsse zu, in welchem Umfang die USA die Ukraine im Krieg künftig unterstützen würden.
"Das hört sich natürlich alles ganz gut an aus ukrainischer Sicht", sagt Militärexperte Gustav Gressel dem ZDF und schränkt ein:
Aber man muss halt abwarten, was davon bleibt und was dann in Handlungen übersetzt wird.
Gustav Gressel, Militärexperte
"Donald Trump ist ja oft so, dass er die Gesprächspunkte des jeweils Letzten, der mit ihm geredet hat, übernimmt", so Gressel. "Wir haben von Trump sehr viele Ankündigungen gehört, die dann keine Taten haben folgen lassen."
Neue Töne - am Ende nur Rhetorik?
Bislang habe Trump immer von Zugeständnissen geredet, die die Ukraine zu machen habe, schätzt Washington-Korrespondentin Claudia Bates Trumps Worte ein. "Insofern ist das tatsächlich eine Wende" - wenn auch eine rhetorische: "Weder verhängt er jetzt neue Sanktionen gegen Russland, noch erweitert er die US-Hilfe für die Ukraine, noch spricht er von Sicherheitsgarantien für die Ukraine." Und man habe bei Trump auch schon viele Änderungen der Haltung gesehen, erinnert Bates.
Also, es wurde schon viel geredet, aber ob das wirklich etwas ändert, ist damit noch nicht gesagt.
Claudia Bates, ZDF-Korrespondentin Washington
"Es wurde schon viel geredet", ZDF-Korrespondentin Claudia Bates ist skeptisch, ob aus Ankündigungen auch Taten folgen werden.
24.09.2025 | 2:47 minKreml "klingt angefasst"
Der Kreml wiederum "reagiert außergewöhnlich schnell auf die Äußerungen Trumps - und klingt dabei fast ein bisschen angefasst", berichtet ZDF-Russland-Korrespondent Felix Klauser. "Russland ist überhaupt kein Tiger. Bei Russland denkt man eher an einen Bären", erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow dem Radiosender RBK mit Blick auf Trumps "Papiertiger"-Vergleich.
Papierbären gibt es nicht. Russland ist ein echter Bär.
Dmitri Peskow, Kremlsprecher
Auch sei es bezeichnend, dass Russlands Staatsfernsehen die Aussagen Trumps zum Ukraine-Krieg bislang übergeht - und stattdessen genüsslich die Kritik des US-Präsidenten an Europa zum Besten gibt, so Klauser.
"Ein Schlag ins Gesicht vieler Staatschefs und Diplomaten" sei die Rede von US-Präsident Trump gewesen, so die Einschätzung von Korrespondentin Nicola Albrecht in New York.
24.09.2025 | 2:30 min"Anzeichen leiser Kritik am US-Präsidenten"
"Unabhängig davon versucht Moskau, die von Trump erwähnten wirtschaftlichen Probleme Russlands herunterzuspielen und die Schuld für stockende Verhandlungen von sich zu weisen", so Klauser. Kiew habe, so das Argument aus Moskau, keinerlei Bereitschaft für neue Fortschritte in den Verhandlungen gezeigt, die Gespräche mit Trump hätten, laut Kreml, ein "Ergebnis nahe Null gebracht".
Das seien einerseits erwartbare Entgegnungen, andererseits aber Anzeichen leiser Kritik am US-Präsidenten, schätzt Klauser weiter ein. "Die hat Russland bislang eher vermieden - und gibt sich jetzt Mühe, die vermeintliche Kehrtwende Trumps nicht als solche zu verstehen."
Kremlsprecher Peskow sagte in einem Interview: "Natürlich hat Herr Trump Selenskyjs Version der Geschehnisse gehört. Und offenbar war diese Version zu diesem Zeitpunkt der Grund für die Einschätzung, die wir gehört haben."
Russland gibt sich also zuversichtlich, dass sich die Trump-Administration erneut umstimmen lassen wird.
Felix Klauser, ZDF-Russland-Korrespondent
Schon heute Abend solle Außenminister Sergej Lawrow seinen US-Amtskollegen Marco Rubio treffen und, so Peskow, "seine Sicht klarstellen". Russland setze darauf, dass die Einschätzung Trumps dann schon wieder eine ganz andere, eine deutlich russlandfreundlichere ist, meint Klauser.
Er habe sich selbst und die USA gelobt und die Vorgängerregierung kritisiert, so ZDF-Reporter David Sauer in Washington. Das seien Trumps übliche Punkte bei solchen Gelegenheiten.
23.09.2025 | 6:37 minAktuelle Meldungen zu Russlands Angriff auf die Ukraine finden Sie jederzeit in unserem Liveblog: