Erster Flug unter Schwarz-Rot:Erneut Abschiebeflug nach Afghanistan
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Der erste Abschiebeflug nach Afghanistan unter der neuen Bundesregierung ist von Leipzig aus gestartet. An Bord waren 81 afghanische Straftäter, weitere sollen folgen.
Nach einem Jahr ist wieder ein Abschiebeflug nach Afghanistan gestartet. Aufgrund der dortigen katastrophalen Menschenrechtslage kritisieren Flüchtlingsorganisationen den Schritt.18.07.2025 | 0:26 min
Zum zweiten Mal seit der Machtübernahme durch die Taliban im August 2021 schiebt Deutschland afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab. Am Morgen sei ein Flugzeug mit "schweren und schwersten Straftätern" an Bord gestartet, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Gegen 8:30 Uhr startete in Leipzig eine Maschine der Qatar-Airways mit 81 Afghanen Richtung Kabul. Nach Angaben eines dpa-Fotografen waren Passagiere mit mehreren Bussen dorthin gebracht worden. Kurz vor 7 Uhr stiegen die ersten ein, mindestens einer davon trug demnach eine Fußfessel.
"Es handelt sich dabei um vollziehbar ausreisepflichtige afghanische Männer, die in der Vergangenheit strafrechtlich in Erscheinung getreten sind", teilte das Bundesinnenministerium mit.
Bundesinnenminister Dobrindt lädt zum Migrationsgipfel. Zugleich ist ein Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet. ZDF-Korrespondentin Andrea Maurer berichtet. 18.07.2025 | 1:04 min
Bundesinnenministerium plant weitere Abschiebungen
Laut Vertretern der Landesregierungen aus Bayern und Baden-Württemberg, waren die Männer unter anderem wegen Tötungs-, Körperverletzungs- und Betäubungsmitteldelikten sowie Sexualstraftaten zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden.
Laut Bundesinnenministerium wolle man in Zukunft weitere Abschiebungen durchführen:
Die Bundesregierung strebt an, auch künftig Rückführungen nach Afghanistan durchzuführen.
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Bundesinnenministerium
Im ersten Quartal 2025 wurden 6.151 Menschen abgeschoben - mehr als in den Vorjahren. Die meisten wurden in die Türkei, nach Georgien, Frankreich, Spanien und Serbien abgeschoben.23.05.2025 | 0:30 min
Dobrindt: Afghanistan-Abschiebungen "Teil des Politikwechsels"
Der erste Abschiebeflug seit Antritt der schwarz-roten Regierung unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) startete unmittelbar vor Beginn eines Treffens von Dobrindt und mehreren EU-Kollegen auf der Zugspitze, bei dem es um eine Verschärfung der EU-Asylpolitik gehen soll.
Seit dem letzten Abschiebeflug mit afghanischen Straftätern sind fast elf Monate vergangen. Nach Gewalttaten in Mannheim und Solingen hatte die Ampel-Regierung im vergangenen Sommer angekündigt, Abschiebungen auch nach Afghanistan wieder möglich zu machen. Für solche Abschiebungen gebe es "ein ganz berechtigtes Interesse der Bürgerinnen und Bürger", sagte Dobrindt im Morgenmagazin.
Es ist gelungen, einen weiteren Abschiebeflug mit Straftätern nach Afghanistan zu organisieren. Damit beginnen wir, einen weiteren Teil des Politikwechsels aus dem Koalitionsvertrages umzusetzen. Abschiebungen nach Afghanistan müssen auch zukünftig gesichert stattfinden können.
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Alexander Dobrindt, CSU, Bundesinnenminister
Zuletzt waren am 30. August ebenfalls mit Hilfe des Golfemirats Katar 28 männliche afghanische Straftäter ebenfalls von Leipzig aus in ihr Herkunftsland zurückgebracht worden. Katar hatte bereits in der Vergangenheit zwischen dem Westen und den Taliban vermittelt. Der damalige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte angekündigt, es werde weitere solcher Flüge geben. Es blieb bei dem einen.
In der Migrationsdebatte versucht die neue Bundesregierung schnell Fakten zu schaffen. Doch dass es bei den steigenden Abschiebungen auch die Richtigen trifft, wird von Kritikern bezweifelt.26.05.2025 | 2:44 min
Durchführung gestaltet sich schwierig
Doch die Durchführung gestaltet sich bis heute schwierig: Deutschland unterhält zu den islamistischen Taliban in Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Die Gruppe ist insbesondere wegen ihrer Missachtung von Menschen- und vor allem Frauenrechten international isoliert.
Man erkenne das Regime nicht als rechtmäßige Regierung an, Deutschland habe nur auf technischer Ebene über ein Verbindungsbüro in Katar Kontakt zu den dortigen Machthabern, hatte Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) kürzlich gesagt.
Es ist ein hübscher Zufall, dass zum Migrationsgipfel und der Sommerpressekonferenz von Kanzler Merz die Regierung einen Abschiebeflug nach Afghanistan startet, so ZDF-Korrespondent Kynast. 18.07.2025 | 1:13 min
Innenminister Dobrindt strebt an, das zu ändern. Der Außenminister und er seien sich "vollkommen einig, wenn man Abschiebungen nach Afghanistan ermöglichen will, dann muss man auch Kontakte zu den Afghanen haben". Anfang des Monats sagte er dem "Focus":
Nach wie vor braucht es Dritte, um Gespräche mit Afghanistan zu führen. Eine Dauerlösung darf das so nicht bleiben.
Die Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen der Vereinten Nationen lehnen die Pläne ab. Die Bedingungen vor Ort seien noch nicht für Rückführungen geeignet, sagte Arafat Jamal, der Vertreter des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR.
Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International kritisierte die Aktion scharf. Die menschenrechtliche Lage in Afghanistan sei "katastrophal" und "außergerichtliche Hinrichtungen, Verschwindenlassen und Folter" seien dort an der Tagesordnung.