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Katholikentag in Erfurt:Haltung zeigen in Krisenzeiten
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Katholiken wollen Gesellschaft und Politik mitgestalten. Wie kann das gelingen angesichts der Krise der katholischen Kirche? Darum geht es beim 103. Katholikentag in Erfurt.
Krieg und Frieden, Demokratie, Klimawandel, soziale Gerechtigkeit, der Umgang mit Extremismus und die Krise der Kirchen - die Themenpalette ist breit beim 103. Deutschen Katholikentag, der bis Sonntag in Erfurt stattfindet. Katholiken- und evangelische Kirchentage wollen Zeitansage sein.
Vertreter aus unterschiedlichsten Kontexten sollen über die aktuellen Herausforderungen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ins Gespräch kommen. Trotz Krise der Kirchen messen gerade die Vertreter*innen aus der Politik den Glaubenstreffen große Bedeutung bei.
Scholz und Steinmeier beim Kirchentag
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) werden ebenso in die thüringische Landeshauptstadt kommen wie beinahe das halbe Bundeskabinett, darunter Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), sowie zahlreiche Ministerpräsident*innen und Landesminister*innen.
Auffallend ist, dass Politiker der Union aus der ersten Reihe rar sind, wie schon beim Katholikentag vor zwei Jahren in Stuttgart. CDU-Chef Friedrich Merz hat sich für die Eröffnungsveranstaltung am Mittwoch angekündigt.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, verwahrte sich gegenüber der Katholischen Nachrichtenagentur davor, von einer Entfremdung zu sprechen und verwies darauf, dass es in den Reihen des ZdK einige prominente CDU-Vertreter*innen gebe wie Annegret Kramp-Karrenbauer, Monika Grütters und Anja Karliczek.
Keine AfD-Politiker auf Podien eingeladen
Klar ist der Katholikentag bei der Abgrenzung gegenüber der AfD. Wie schon in Stuttgart wurden keine AfD-Mandatsträger auf Podien eingeladen. Das hatte im Vorfeld zu Diskussionen geführt. Kritiker*innen dieses Beschlusses warfen dem ZdK Dialogverweigerung vor.
Der Katholikentag wolle ein klares Zeichen gegen den erstarkenden Rechtsextremismus setzen, so Stetter-Karp im Vorfeld des Treffens. Das ZdK ist zusammen mit dem Bistum Erfurt Veranstalter des Katholikentags.
Weniger Angebote als beim vergangenen Katholikentag
Bis zu 20.000 Teilnehmende werden in Erfurt erwartet. Mit 500 Veranstaltungen ist dieser Katholikentag wesentlich schlanker als die letzten. Vor zwei Jahren in Stuttgart konnten die Teilnehmenden noch unter 1.500 Angeboten wählen.
Das hat mehrere Gründe. Zum einen wollen die Veranstalter eine stärkere Fokussierung auf drängende Fragen in Gesellschaft und Kirche erreichen nach dem Prinzip "weniger ist mehr".
Zum anderen fordert die Krise der Kirche ihren Tribut. Es stehen weniger personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung für kirchliche Großveranstaltungen und die Mobilisierungskraft in den eigenen Reihen nimmt ab.
Dazu kommt, dass es anders als bei den letzten Katholikentagen in Stuttgart oder Münster aufgrund des säkularen Umfelds der thüringischen Landeshauptstadt weniger Potenzial für Tagesteilnehmende gibt.
Missbrauchs-Betroffene sollen zu Wort kommen
Neben der gesellschaftspolitischen Zeitansage geht es beim Katholikentag auch um innerkirchliche Debatten. Wie kann die Kirche Vertrauen zurückgewinnen nach dem Missbrauchsskandal? Wie steht es um Reformen und den Widerstand von konservativen Gläubigen und Bischöfen, aber auch von Seiten des Vatikans? Dazu gibt es zahlreiche Foren und Podien, bei denen auch Missbrauchs-Betroffene zu Wort kommen.
Es fällt auf, dass die Zahl der Bischöfe, die auf Podien Rede und Antwort stehen, eher gering ist. Das gilt für die gesellschaftspolitischen wie für die innerkirchlichen Themen. Selbst der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, ist nur auf einem Podium zur Zukunft des Reformprozesses "Synodaler Weg" vertreten.
Gesprächspartner aus dem Vatikan sucht man im Programm vergeblich. Ob so ein fruchtbarer Dialog zu den Reformen gelingen kann, müssen die nächsten vier Tage zeigen.
Jürgen Erbacher ist Leiter der ZDF-Redaktion Kirche und Leben katholisch.
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