Müntefering bei "Lanz": SPD kann Klingbeil dankbar sein
SPD-Urgestein bei "Lanz":Müntefering: SPD kann Klingbeil dankbar sein
von Felix Rappsilber
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Ex-SPD-Chef Müntefering springt Klingbeil bei und kritisiert den vergangenen SPD-Wahlkampf. Zudem spricht er in der Sendung "Lanz" über das "lange Schweigen" mit Gerhard Schröder.
Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 29. Mai 2025 in voller Länge.29.05.2025 | 75:11 min
"Lars kriegt im Moment viel vor die Tür geschüttet" - Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Vorsitzender, stärkte dem amtierenden SPD-Chef Lars Klingbeil den Rücken. Ihm haftet der Vorwurf an, infolge der SPD-Wahlschlappe knallharte Machtpolitik betrieben zu haben.
Müntefering sah das am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" anders:
Ich war sehr froh, dass er sich am Wahlabend da reingeschmissen hat und gesagt hat: 'Ich bin da. Ich spreche jetzt für die SPD.'
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Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Vorsitzender
Die historische Wahlniederlage der SPD war der Beginn seines Aufstiegs, vom Parteichef zum Vizekanzler. Klingbeil ist der neue starke Mann der SPD. Sein Vorgehen ist umstritten.11.05.2025 | 3:32 min
Müntefering: Angst am Wahlabend
Das SPD-Urgestein räumte ein: "Ich hatte an dem Wahlabend Angst, dass wir in ein Loch fallen, weil da keiner ist, der das Ganze wirklich erklärt. Olaf Scholz hat das nicht gemacht an dem Abend. Ich bin dem Lars dankbar dafür, und die Partei kann es sein, dass er gesagt hat: 'Ich gehe da rein.'"
Esken habe die Partei zwar geeint und stabilisiert - aber es bilde sich ein Kraftzentrum um Klingbeil heraus, das stark auf ihn zugeschnitten ist, so Politologe Wolfgang Schroeder.30.04.2025 | 4:01 min
Die SPD wieder nach vorne zu bringen, sei möglich. Doch die Tage nach der Wahl seien eine "kritische Situation" gewesen. Noch am Wahlabend hatte Lars Klingbeil nach dem Fraktionsvorsitz gegriffen. Saskia Esken war daraufhin mehr und mehr unter Druck geraten, ihr Amt als Co-Vorsitzende aufzugeben.
Ihr Abgang, ein würdeloses Schauspiel? Müntefering verneinte: "So, wie die Dinge sich entwickelt haben, war es richtig, dass Lars Klingbeil an die Spitze gegangen ist und die Führung übernommen hat. [...] Das wäre anders überhaupt nicht weiter gegangen."
Saskia Esken soll Interesse an einem Ministeramt gehabt haben, so ZDF-Korrespondentin Diekmann. Sie habe aber viele in der Partei gegen sich, Klingbeil sei populärer. 30.04.2025 | 3:30 min
Scholz hat Menschen nicht mehr erreicht
Im Vorfeld der Bundestagswahl hatte Müntefering für Aufsehen gesorgt, als er eine zweite Kanzlerkandidatur von Scholz in Frage gestellt hat. Im Rückblick kritisierte er das Vorgehen seiner eigenen Partei:
[Olaf Scholz] hat zumindest in diesem Wahlkampf, mit dem zweiten Wahlkampf, die Menschen nicht mehr erreicht.
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Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Vorsitzender
Müntefering weiter: "Vielleicht wollte er das auch mental überhaupt nicht mehr. [...] Er hat noch Wahlkampf gemacht, aber der ist im Wesentlichen schon von anderen getragen worden."
Die Personalentscheidung habe "schon eine Rolle gespielt". Müntefering habe die Diskussion um eine mögliche Kanzlerkandidatur von Boris Pistorius angestoßen: "Aber dann ist das wieder alles eingesammelt worden. [...] Man kämpft für bestimmte Ideen und dann entscheidet sich eine Mehrheit anders und dann ist das das Ergebnis."
Die alte SPD-Mannschaft ist bis auf Boris Pistorius nicht mehr dabei. Dies sei das von Klingbeil versprochene Erneuerungssignal, so ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Andrea Maurer. 05.05.2025 | 16:04 min
Schröders Weggefährte: Schweigen zwischen uns
Müntefering ist am 16. Januar 85 Jahre alt geworden. Unter Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte er als Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen gearbeitet. Zudem trat er dessen Nachfolge als SPD-Chef an. Bei "Lanz" räumte er ein: "Gerhard Schröder hat mir nicht geschrieben, ich ihm allerdings zu seinem Geburtstag auch nicht."
Wir sind im Moment nicht gut aufeinander zu sprechen.
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Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Vorsitzender
Müntefering sowie weitere ehemalige und amtierende SPD-Vorsitzende hätten Schröder zu Beginn des Ukraine-Krieges einen Brief geschrieben: "'Du musst dem Putin sagen, das ist ein Verbrechen und du musst dich distanzieren davon. Das geht nicht. Das kann ein Sozialdemokrat nicht akzeptieren.'"
Auf den Brief habe ich noch keine Antwort bekommen. So lange ist Schweigen zwischen uns.
"Trifft Sie das?", hakte Lanz nach. Müntefering antwortete seufzend: "Ja." Sie seien keine "besonders großen Freunde", aber doch "politische Freunde" gewesen:
Ich habe mir von ihm schon erwartet, dass er sieht, dass dieser Krieg zu Ende gehen muss und dass man das nicht irgendwo wegschieben kann.
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Franz Müntefering, ehemaliger SPD-Vorsitzender
Das Bundesverwaltungsgericht verhandelt über die Klage des Altkanzlers Gerhard Schröder zu seinem Büro. Dieses wurde ihm wegen seiner Verbindung nach Russland gestrichen.10.04.2025 | 0:23 min
Müntefering: Russland-Politik von Schröder und Merkel nicht falsch
Immer wieder werden Rufe laut, die SPD müsse ihre Russland-Politik aufarbeiten. Dieser Forderung erteilte Müntefering eine Absage: "Ich glaube nicht, dass die Russland-Politik von Gerhard Schröder falsch gewesen ist, auch nicht im Kern die von Merkel."
Seine Meinung sei immer gewesen:
Wenn es im Osten Europas Öl gibt und Gas gibt und wir brauchen das, wieso soll man dann nicht miteinander handeln und soll gut nebeneinander und miteinander leben? So war unsere Vorstellung von allem.