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Analyse
Wadephul unter Druck:Merz stellt sich hinter seinen Außenminister
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Zuletzt schien die Außenpolitik nicht immer "aus einem Guss". Nun stellt sich Kanzler Merz hinter Außenminister Wadephul – was auch zeigen könnte, wie sehr der unter Druck steht.
Mehrmals spricht Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in den 25 Minuten seiner Rede von "einer neuen Realität", der sich Deutschland außen- und innenpolitisch stellen müsse. Da ist der Krieg in der Ukraine, die militärische Auseinandersetzung zwischen Iran und Israel, das angestrebte Fünf-Prozent-Ziel der Nato. Bis spät in die Nacht soll Merz an seiner Rede gefeilt haben. Und er findet deutliche Worte.
Merz mit klarer Botschaft an Russland, Iran und Israel
In Richtung Putin: Der verstehe nur "die Sprache der Stärke" und darum heiße "Friedensarbeit jetzt auch in dieser Sprache zu sprechen." In Richtung Iran, dem er Täuschung bei seinem Atomprogramm vorwirft:
Wir hoffen heute, dass das Vorgehen Israels und der Vereinigten Staaten von Amerika in den letzten Tagen den Iran dauerhaft davon abbringt, seinem zerstörerischen Ziel noch näher zu kommen.
Friedrich Merz, Bundeskanzler
Aber auch in Richtung Israel, dessen Existenzrecht er als deutsche Staatsräson bekräftigt, zugleich aber für den Gazastreifen einen Waffenstillstand fordert "Wir erlauben uns, kritisch nachzufragen, welches Ziel Israel im Gazastreifen erreichen will, und wir mahnen einen menschenwürdigen Umgang mit den Menschen im Gazastreifen an."
Kanzler dankt Außenminister Wadephul
Der Mann, der vor allem Außenkanzler sein will, ist offenbar in seinem Element. Dass zuletzt die Außenpolitik seine Regierung nicht ganz "aus einem Guss" erschien, wie noch bei Amtsantritt versprochen, weiß Merz allerdings auch. Und so kommt er nach etwa 10 Minuten seiner Rede zu einem bemerkenswerten Dank an seinen Außenminister Johann Wadephul:
"Besonders herzlich" danke er ihm für "seine intensiven diplomatischen Bemühungen in den letzten Tagen und Wochen zusammen vor allem und immer wieder mit den Außenministern Frankreichs und des Vereinigten Königreichs."
Wadephul wegen Iran-Fehleinschätzung unter Druck
In den letzten Tagen und Wochen war Wadephul zunehmend unter Druck geraten, auch innerhalb der Union. Durch Fehleinschätzungen zur Eskalation in Nahost ("Ich glaube, die USA werden sich nicht in diesen Krieg einmischen"), die er einräumen musste - oder durch eine Abkehr von einer bedingungslosen Israel-Solidarität ("Zwangs-Solidarität").
Immer lauter wurde die Frage, ob die beiden sich eigentlich koordinieren und absprechen. Während Wadephul am Sonntag bei "Berlin direkt" davon sprach, dass es "bedauerlicherweise" den US-Angriff auf Irans Atomanlagen gegeben habe, sagte Merz am Montag, dass er keinen Grund sehe, Israel und die USA zu kritisieren. Auch in den Unions-Gremien war über Wadephul geredet worden.
Heute im Parlament macht der Kanzler nun klar: Der Mann, der auf seinen Wunsch hin Außenminister geworden ist und bis dahin immer in der zweiten Reihe war, hat seinen ausdrücklichen Rückhalt. Offenbar ist diese Verteidigung notwendig.
SPD fordert mehr Wadephul-Diplomatie
Auch der Fraktionschef des Koalitionspartners SPD, Matthias Miersch, stellt sich demonstrativ hinter Johann Wadephul: "In diesen Zeiten führt kein Weg an Diplomatie vorbei. Jeder Versuch ist es wert, jedes Gespräch nicht umsonst." Er beklagt, dass der Außenminister für seine Bemühungen um Diplomatie "teilweise belächelt" worden sei.
Man könnte darin allerdings auch einen leicht vergifteten Dank sehen, denn dieser Dank setzt Wadephul nochmal von Merz ab, der sich zuletzt deutlich undiplomatischer gezeigt hatte - Stichwort: Israel mache "die Drecksarbeit." Es ist ein Dank, mit klarer SPD-Erwartungshaltung: Bitte mehr Wadephul-Diplomatie.
Grüne fordern Einigkeit von Bundesregierung
Die grüne Fraktionschefin Britta Haßelmann legt in ihrer Rede im Anschluss nochmal den Finger in die Wunde:
Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie mit einer Stimme spricht.
Britta Haßelmann, Grünen-Fraktionschefin
"Für niemandem war doch übersehbar, die Differenzen, die Dissense, die unterschiedlichen Einschätzungen und Erklärungen innerhalb der Bundesregierung, zwischen Bundeskanzler, Außenminister, zwischen den Koalitionspartnern. Und das ist fatal in einer so schwierigen Lage", so Haßelmann.
Gemeinsame Reise zum Nato-Gipfel nach Den Haag
Johann Wadephul, der Mann, der wohl gerade das am meisten beäugte Ministeramt in der Regierung Merz hat, läuft während der Reden freundlich durchs Plenum und zieht sich zu Einzelgesprächen zurück. Nach der Plenarsitzung reist der Außenminister zusammen mit dem Verteidigungsminister und dem Außenkanzler zum Nato-Gipfel nach Den Haag.
Eine gemeinsame Reise zu einem "historischen Gipfel", wie ihn Friedrich Merz schon vorab nennt - vielleicht kommen sie mit mehr außenpolitischem "Guss" zurück.
Andrea Maurer ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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