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Kanzler in Paris und Warschau:Merz: Deutschland zurück auf Europas Bühne
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Kaum Kanzler reist Friedrich Merz nach Paris und Warschau, wo er Emmanuel Macron und Donald Tusk trifft. Bei den Besuchen geht es dem CDU-Politiker um die Wiederbelebung Europas.
Bundeskanzler Friedrich Merz' Antrittsbesuche gingen in die beiden Nachbarländer Frankreich und Polen.
Quelle: dpa
Es ist Tag eins nach der fast verunglückten Kanzlerwerdung. Am Regierungsflughafen in Berlin warten Journalisten und Kameras auf den neuen Kanzler. Mit strammem Gang läuft der auf die Maschine zu und kommentiert: "Was macht ihr denn alle hier? Nichts Besseres zu tun?" Mit Friedrich Merz ist auch sauerländischer Humor ins Kanzleramt eingezogen.
Wie ernst der zehnte Kanzler der Bundesrepublik es aber meint, wenn er sagt, Deutschland sei zurück auf der europäischen Bühne, beweist die Tagesordnung für diesen ersten Tag. Erst Paris - das hat Tradition, dann gleich Warschau - das ist neu. Merz will die Achse Berlin-Paris-Warschau stärken, das Weimarer Dreieck wieder zum Leben erwecken.
Auch die Zusammenarbeit mit dem Vereinigten Königreich will er intensivieren. Das zwar nicht mehr in der Europäischen Union ist, durch die gemeinsame Verteidigungspolitik dem Kontinent aber über den Krieg in der Ukraine wieder sehr nah gerückt ist.
Die Freundschaft mit Frankreich
Harsch hatte der Oppositionsführer Merz seinen Vorgänger Olaf Scholz kritisiert, der habe die Europapolitik schleifen lassen, zu wenig Ambition an den Tag gelegt. Das alles soll nun anders werden, Deutschland sei zurück auf der europäischen Bühne, hatte Merz wie üblich kraftvoll angekündigt.
Bei diesem Antrittsbesuch konnte und sollte jeder sehen, wie gut er sich mit Frankreichs Präsident versteht. Handschlag, Umarmung, Schulterklopfen, Emmanuel Macron und Friedrich Merz begrüßen sich wie Freunde, die sich lange vermisst haben.
Die unmissverständliche Botschaft: Der deutsche Motor läuft wieder, "stärker als je zuvor", so hatte Macron es in der Gratulation am Vortag gesagt, die Wahlschlappe im ersten Durchgang blieb den ganzen Besuch über unerwähnt.
Dabei waren Frankreichs Zeitungen voll davon. Wird Friedrich Merz seine europapolitischen Pläne umsetzen können, wenn er zuhause so wenig Rückendeckung hat? - so lautete die häufig bang gestellte Frage, die in Paris elegant ausgeklammert wurde.
Differenzen beim Thema Israel
Inhaltlich gibt es einige Differenzen: Das Freihandelsabkommen Mercosur, das Merz lieber heute als morgen umgesetzt hätte und bei dem Frankreich zugunsten seiner Landwirte weiter bremst. Der Umgang mit Israel. Merz hatte gesagt, er werde Benjamin Netanjahu nach Deutschland einladen, obwohl ein Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof gegen ihn vorliegt. Undenkbar für Macron, der öffentlich darüber spricht, Frankreich könne bald einen palästinensischen Staat anerkennen.
Ungewohnt deutlich äußerte Merz sich zur Situation in Gaza. Israel habe die Verantwortung für die humanitäre Lage in Gaza - und doch klang er immer noch sehr zurückhaltend im Vergleich zum französischen Präsidenten, der die Situation als unerträglich bezeichnete und Netanjahu scharf kritisierte.
Einig sind sich Paris und Berlin in ihrer Rückendeckung für die Ukraine. Beide formulierten Unterstützung für das Bemühen von Donald Trump, einen Waffenstillstand herbeizuführen und boten Sicherheitsgarantien an. Europa wettbewerbsfähig zu machen, war schon ein Thema zwischen Scholz und Macron und es tauchte natürlich auch jetzt wieder auf.
Hauptthema beim Besuch in Polen: Die Grenzfrage
In Warschau dann das erste Zeremoniell. Die Deutschlandhymne ertönte, während der Kanzler am Grab des Unbekannten Soldaten hinter einem sehr großen Kranz und zwei polnischen Soldaten her schritt. Dann die Hymne der Gastgeber und stracks zurück in die Kolonne. Eine Stippvisite an diesem für Polen so wichtigen Denkmal. Keine 15 Minuten später schon wieder die beiden Hymnen, diesmal aber schreitet Merz mit Donald Tusk die Ehrenformation ab.
Hauptthema auch hier: die Ukraine. Hauptproblem: die Grenzfrage. Alexander Dobrindt setzte heute die erste Verschärfung der Grenzkontrollen um, Tusk kritisierte dies scharf, sagte, er sehe keinen Sinn in den verschärften Kontrollen. Schon die bestehenden führen in Polen zu langen Staus und sind ein Wahlkampfthema, das die Deutschland feindliche Oppositionspartei PiS immer wieder hochzieht.
Am 18. Mai sind Präsidentschaftswahlen, Tusk war sichtlich bemüht, hier scharf gegenüber seinem Gast zu klingen. Merz scheint damit zu rechnen, dass sich das nach den Wahlen legen könnte. Doch das Interesse der Polen ist klar: Sie wollen mehr Hilfe beim Schutz ihrer europäischen Außengrenze nach Belarus.
Auf dem Weg zurück nach Berlin sah man einen zufriedenen Kanzler, der sich über gute Gespräche freute. Ein Wohlfühltag im Vergleich zur Kanzlerwahl. Aber auch die Außenpolitik wartet mit ihren Tücken. Zum 80. Jubiläum des Kriegsendes wird Merz Donnerstag mit den Regierungschefs der damaligen Alliierten telefonieren. Nicht mit Moskau, aber mit Donald Trump.
Quelle: dpa
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