Spahn und Lauterbach: Ex-Minister mit Exit-Corona-Strategien

Spahn und Lauterbach:Ex-Minister und ihre Exit-Corona-Strategien

Britta Spiekermann
von Britta Spiekermann
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Die Minister Spahn und Lauterbach waren diejenigen, die die Pandemie managten. Beide versprachen Transparenz und später Aufarbeitung. Jetzt zeigen sie das genaue Gegenteil.

Masken
Ex-Bundesgesundheitsminister Spahn steht unter Druck. Der Vorwurf: Er habe während der Corona-Pandemie zu viele und zu teure Masken gekauft, ohne sich mit seinen Fachabteilungen abzusprechen. 25.06.2025 | 1:45 min
Als die Pandemie Deutschland erfasst, hört das Telefon im Büro des damaligen Ministern Jens Spahn nicht auf zu klingeln. Klinikchefs drohen, sie würden schließen, sollten nicht bald Masken geliefert werden. Es war keine Frage, Jens Spahn musste handeln. Daran hat heute auch die Opposition von Linken und Grünen keinen Zweifel, aber über das Wie müsse man streiten, das Wie müsse man aufklären - bis hin zum möglichen Rücktritt.
Jens Spahn, der als Fraktionsvorsitzender der Union zu einem der mächtigsten Männer in der Koalition aufgestiegen ist, kommt durch den Bericht der Sachverständigen Margaretha Sudhof (SPD) zunehmend in Bedrängnis. Er habe ein reines Gewissen, stelle sich freiwillig den Fragen im Haushaltsausschuss, wiederholt Spahn. Nach außen gibt Jens Spahn den unerschrockenen Aufklärer.
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Es wäre leichter für ihn, würde der umstrittene Bericht zu den Masken-Käufen veröffentlicht, sagt der ehemalige Gesundheitsminister Jens Spahn im Interview im heute journal.18.06.2025 | 9:00 min

Viele Vorwürfe - CDU gibt Rückendeckung

Maskenkäufe weit über Bedarf, Warnungen nicht nur von Fachabteilungen in den Wind geschlagen, Vetternwirtschaft - es steht viel im Raum gegen Spahn. Erst am Montag stellt sich die CDU-Spitze hinter ihn, gibt die "volle Rückendeckung der CDU Deutschland". Ein Indiz für Spahns Schwäche? Dass Spahn jetzt alles an Unterstützung braucht, was die CDU zu bieten hat? Zum Beispiel die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner?
Heute beschweren sich die Grünen, die wegen des Maskenskandals eine kleine Anfrage gestellt haben. Diese leitet Klöckner nicht weiter. Die Grünen sprechen von Blockade.
Auch von anderer Seite scheint "volle Rückendeckung" für Spahn zu kommen. Der Sudhof-Bericht, der jetzt in einer von der neuen Bundesgesundheitsministerin Nina Warken geschwärzten Fassung vorliegt, wird durch einen "Begleittext" des Ministeriums eingeordnet.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Archivbild
Während der Corona-Pandemie hatte das Bundesgesundheitsministerium knapp sechs Milliarden Schutzmasken beschafft. Nur ein Drittel davon wurde verteilt, ein Großteil ist inzwischen vernichtet. 03.06.2025 | 10:50 min

Kritik an Arbeit der Sachverständigen

Darin wird das Gutachten scharf kritisiert, Quellen und Methodik diskreditiert, die ganze Arbeit der Sachverständigen Margaretha Sudhof in Frage gestellt. Damit stellt sich neue Ministerin hinter den alten Minister. Spahn selbst betont immer wieder, wie wichtig eine Enquete-Kommission sei, also eine Kommission aus Abgeordneten und Experten, die die ganze Pandemie-Zeit aufarbeiten soll. Hofft er, dass in einem solchen Gremium das Maskenthema unter vielen anderen verwässert? Eine solche Kommission arbeitet oft Jahre. Ist das Spahns Exit-Strategie?
"Sie mistet jetzt aus, dabei geht sie in jeden Winkel," hatte Lauterbach im Sommer 2024 angekündigt. Die frühere Staatsekretärin im Justiz- und Verteidigungsministerium Margaretha Sudhof sollte als Aufklärungsbeauftragte die Maskenvorgänge untersuchen. Inzwischen ist bekannt: Das Gutachten lag seit Januar 2025 vor und hätte eigentlich veröffentlicht werden müssen.

Veröffentlichung des Gutachtens verzögert

Stattdessen wurde der Arbeitsvertrag von Sudhof durch das Bundesgesundheitsministerium verlängert, die Veröffentlichung des Berichts herausgeschoben. Lauterbach liefert den vielsagenden Grund und gibt offen zu:

In der heißen Phase des Wahlkampfes oder in meiner kommissarischen Zeit als Minister habe ich das Gutachten nicht veröffentlicht.

Karl Lauterbach, Ex-Bundesgesundheitsminister

Offensichtlich wollte der, der nun angeblich schonungslos aufräumen wollte, es sich nicht mit dem potenziellen Koalitionspartner von der CDU verscherzen. Schließlich glaubte Lauterbach, auch in der neuen Koalition Gesundheitsminister bleiben zu können. Das Sudhof-Gutachten verschwindet im Giftschrank.
Lauterbachs Ruf, es anders machen zu wollen, ehrlicher, transparenter, man kann durchaus sagen, ist Geschichte. Sein Versäumnis der Veröffentlichung könne jetzt "gerne nachgeholt werden", schreibt Lauterbach. Zu spät. Der Sudhof-Bericht liegt jetzt dem Haushaltsausschuss in einer geschwärzten Fassung vor. Nicht nur Firmen- und Mitarbeiternamen sind nicht lesbar, es sind ganz Seiten, die unkenntlich gemacht wurden.
Pressekonferenz mit Gesundheitsminister Spahn
frontal berichtete über umstrittene Maskendeals während der Corona-Pandemie und die Rolle des damaligen Gesundheitsministers Jens Spahn. Jetzt liegt frontal der interne Ermittlungsbericht vor.24.06.2025 | 1:29 min

Form der Aufarbeitung schlechtes Beispiel

Die Beschaffung der Masken, der vermeintliche Aufklärungswunsch, all das ist von verschiedenen politischen Seiten ein Lehrstück dafür, wie man es nicht machen sollte. Aufarbeiten, ohne aufzuarbeiten.
Das kann, das sollte nicht gut gehen. Schließlich geht es auch, um das Wichtigste am Schluss zu nennen, um das berechtigte Interesse der Wählerinnen und Wähler, zu erfahren, wie in der Pandemie-Zeit mit öffentlichem Geld umgegangen wurde, und wo es geblieben ist.
Britta Spiekermann ist Korrespondentin im ZDF-Hauptstadtstudio

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