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Zölle statt Abkommen:Wie Trump die Schweiz unter Druck setzt
von Anne Sophie Feil
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Eine Nation unter Schock: Die USA erheben 39 Prozent Zoll auf Waren aus der Schweiz. Nur wenige Länder sind stärker betroffen. Der exportstarken Nation drohen massive Einbußen.
Bis zuletzt stand ein Tarif von zehn Prozent im Raum - nun ist der Zollsatz mehr als dreimal so hoch.
Quelle: Colourbox.de
Wussten Sie, dass die Computermaus in der Schweiz erfunden wurde? Die Schweiz gilt als innovatives Exportland, weltbekannt für Präzisionsgüter wie Maschinen, Uhren und Pharmazeutika. Dass ausgerechnet ihr wichtigster Handelspartner nun drastische Zölle verhängt, ist ein herber Rückschlag.
Rekordzoll auf Schweizer Produkte
Die US-Regierung will ab 7. August einen Einfuhrzoll von 39 Prozent auf Schweizer Produkte erheben. Das gab das Weiße Haus am Donnerstag bekannt. Eine überraschende Erhöhung, die selbst pessimistische Prognosen übertrifft.
Zuvor stand ein deutlich niedrigerer Satz von zehn Prozent im Raum, genehmigt durch den Schweizerischen Bundesrat. Doch US-Präsident Donald Trump blockierte die Einigung und zieht nun den Zollhebel durch.
Damit zählt die Schweiz nun zu den am härtesten betroffenen Ländern weltweit. Lediglich Syrien (41 Prozent), Laos und Myanmar (je 40 Prozent) sind mit höheren Zöllen belegt. Auch Brasilien dürfte es härter treffen.
Kritik aus der Wirtschaft: "Nicht nachvollziehbar"
Wirtschaftsvertreter zeigen sich alarmiert. Jan Atteslander, Mitglied der Geschäftsführung des Schweizer Wirtschaftsverbands Economiesuisse und zuständig für Außenwirtschaft, bezeichnet die Zölle als "weder gerechtfertigt noch nachvollziehbar."
Mit solch hohen Zöllen setzt die USA ihre guten Handelsbeziehungen mit der Schweiz aufs Spiel.
Jan Atteslander, Economiesuisse
Atteslander warnt vor massiven Wettbewerbsnachteilen. Während die Zölle auf EU-Produkte bei 15 Prozent und auf britische Waren bei zehn Prozent liegen, drohen Schweizer Unternehmen hohe Preisaufschläge.
Die Folge: teurere Exporte, aufgeschobene Investitionen, Vertrauensverlust. "Die massiven US-Zölle stellen eine sehr ernsthafte Belastung für Schweizer Exportunternehmen dar", so Atteslander. Für viele Firmen ein Drahtseilakt: Preise anheben, Jobs abbauen oder sich aus dem US-Markt zurückziehen?
Industrie besonders betroffen
Die USA sind mit einem Exportvolumen von rund 70 Milliarden Euro der wichtigste Absatzmarkt der Schweiz. Knapp 17 Prozent der Ausfuhren gehen dorthin. Daran scheint Donald Trump sich zu stören. Gleichzeitig ist die Schweiz sechstgrößter ausländischer Investor in den USA, schafft dort 400.000 Arbeitsplätze.
Besonders betroffen von Trumps Zollplänen ist das industrielle Rückgrat: Maschinenbau, Uhren, Präzisionsinstrumente. Auch Nestlé spürt den Zoll. Nespresso könnte in den USA deutlich teurer werden.
Die Pharmabranche bleibt derzeit von den Zöllen ausgenommen. Doch auch hier wächst der Druck. Trump kritisiert seit Langem die hohen Medikamentenpreise in den USA. In einem Schreiben an mehrere Pharmafirmen - darunter Novartis - fordert er Preissenkungen binnen 60 Tagen.
Verbände schlagen Alarm
Der Industrieverband Swissmechanic warnt: "Insbesondere exportorientierte KMU sehen sich mit plötzlicher Planungsunsicherheit konfrontiert. Die notwendigen Anpassungen an die neuen Bedingungen hemmen Investitionen und schwächen die Innovationskraft."
Die Schweiz dürfe nicht zu einem der wenigen Länder werden, die dauerhaft mit strukturellen Wettbewerbsnachteilen zu kämpfen haben.
Nur mit weltweiter Vernetzung und fairen Bedingungen kann unsere Industrie langfristig bestehen.
Swissmechanic
Der Verband sieht "einen Bruch mit den Prinzipien des fairen Handels". Solche Maßnahmen seien politisch motiviert und gefährlich, für die Schweizer Industrie sowie für die transatlantische Zusammenarbeit.
Trump setzt auf wirtschaftlichen Druck statt Diplomatie
Mit den Zöllen verfolgt Trump eine klare Strategie: Länder mit hohem Handelsüberschuss gegenüber den USA sollen zahlen. Ein Druckmittel für neue Handelsabkommen. Die massiv höhere Belastung soll Verhandlungspartner zur Einigung bringen. Vor der Schweiz ist ihm das bereits bei der EU gelungen.
Der Bundesrat analysiert derzeit mögliche Gegenmaßnahmen. Diskutiert werden unter anderem höhere Auflagen für US-Importe oder eine Klage vor der Welthandelsorganisation WTO. Noch bleibt Zeit für Gespräche, doch sie wird knapp. Kommenden Donnerstag sollen die Zölle in Kraft treten. Bis dahin gilt weiterhin Unsicherheit für die Schweizer Exportwirtschaft.
Anne Sophie Feil ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
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