Besetzung von Gaza-Stadt: Israel beschließt Ausweitung der Kämpfe
Besetzung von Gaza-Stadt:Israel beschließt Ausweitung von Gaza-Einsatz
|
Das israelische Sicherheitskabinett billigt eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen. In einem ersten Schritt soll die Stadt Gaza eingenommen werden.
Das israelische Kabinett hat dem Plan von Ministerpräsident Netanjahu zugestimmt, den Einsatz im Gazastreifen auszuweiten. Proteste in Israel fordern die Freilassung der Geiseln.08.08.2025 | 0:22 min
Rund 22 Monate nach Beginn des Gaza-Kriegs hat sich Israels Führung für eine weitere Verschärfung der Kämpfe in dem Küstenstreifen entschieden.
Das israelische Sicherheitskabinett stimmte einem Plan zur Einnahme der Stadt Gaza zu, wie das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am frühen Morgen mitteilte. Das Gremium billigte nach stundenlangen Beratungen einen entsprechenden Militäreinsatz.
Sicherheitskabinett beschließt fünf Prinzipien
Das Sicherheitskabinett beschloss nach Angaben des Büros des Ministerpräsidenten zudem fünf Prinzipien, um den Krieg im Gazastreifen zu beenden.
Dazu gehörten unter anderem die militärische Kontrolle des Küstengebiets durch Israel und die komplette Entwaffnung der radikal-islamistischen Hamas sowie die Entmilitarisierung des Gazastreifens. Anschließend solle dort außerdem eine alternative Zivilregierung aufgebaut werden.
Netanjahu habe sich entschieden "keinerlei militärischen Rat mehr zu befolgen". Er habe sich "dem Druck seines rechtsextremen Koalitionspartners" hingegeben, so ZDF-Reporterin Alica Jung aus Tel Aviv.08.08.2025 | 3:19 min
Israel kontrolliert gegenwärtig nach Medienberichten rund drei Viertel des weitgehend zerstörten Küstenstreifens, in dem insgesamt etwa zwei Millionen Palästinenser leben.
Seit Anfang der Woche war über eine komplette Einnahme des Gazastreifens durch Israel spekuliert worden. Die nun angekündigten Pläne gehen der offiziellen Mitteilung zufolge vorerst nicht so weit.
Israels Oppositionsführer Jair Lapid hat Kabinettsentscheidung als "Katastrophe" bezeichnet, die "zu vielen weiteren Katastrophen führen wird". Die geplante Eroberung der größten Stadt des Gazastreifens werde zum Tod der Geiseln sowie der Tötung vieler israelischer Soldaten führen, schrieb Lapid auf der Plattform X.
Netanjahu habe sich entgegen den Einwänden der Armeeführung von seinen rechtsextremen Koalitionspartnern Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich treiben lassen, erklärte Lapid weiter. Die beiden ultrarechten Minister sind Verfechter der Idee, den Gazastreifen vollständig einzunehmen und die rund zwei Millionen dort lebenden Palästinenser zu vertreiben.
Israel geht seit dem Terrorangriff der Hamas militärisch im Gazastreifen vor. Die humanitäre Lage dort spitzt sich zu. Netanjahu will den Einsatz nun ausweiten. Mehr im Blog.
Liveblog
ZDF-Reporterin: "Politische Entscheidung"
Für ZDF-Reporterin Alica Jung in Tel Aviv bedeutet die Entscheidung, dass sich Netanjahu "dem Druck seines rechtsextremen Koalitionspartners" hingegeben habe und entschieden habe, "keinerlei militärischen Rat mehr zu befolgen".
Sein eigener Armeechef hatte Netanjahu im Vorfeld, während der zehnstündigen Kabinettssitzung intensiv davor gewarnt, diesen Schritt zu gehen.
„
Alica Jung, ZDF-Reporterin in Tel Aviv
Netanjahu habe eine politische statt einer militärischen Entscheidung getroffen, so Alica Jung. Israel habe damit westlichen Überlegungen, die Kontrolle über den Gazastreifen nach einem möglichen Kriegsende an die palästinensische Autorität abzuegeben, eine ganz klare Absage erteilt.
"Es bedeutet, dass Israel gekommen ist, um zu bleiben."
„
Alica Jung, ZDF-Reporterin in Tel Aviv
Israel wolle die Kontrolle über den gesamten Gazastreifen übernehmen, sagte Ministerpräsident Netanjahu dem Sender Fox-News. Die Vereinten Nationen zeigen sich alarmiert.07.08.2025 | 2:23 min
Mögliche Verhandlungstaktik in Waffenruhe-Gesprächen
Monatelange indirekte Verhandlungen zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas über eine neue Waffenruhe und die Freilassung weiterer Geiseln waren zuvor ergebnislos geblieben. "Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal", hatte Netanjahu zuletzt in einer Video-Botschaft erklärt.
Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, die Hamas zu zerschlagen und sicherzustellen, dass vom Gazastreifen unter der Herrschaft der Terrororganisation nie wieder eine Gefahr für den Staat Israel ausgehe.
Trotz Bedenken seitens der Opposition und des Militärs beließt Israel eine Ausweitung der Kämpfe im Gazastreifen. Einschätzungen von ZDF-Reporterin Alica Jung aus Israel.08.08.2025 | 1:00 min
Medien spekulierten zuvor, dass die nun konkrete Ankündigung einer Ausweitung der Kämpfe auch Teil einer Verhandlungstaktik sein könnte, um die Hamas in den Verhandlungen um eine Waffenruhe massiv unter Druck zu setzen.
Israelische Politiker deuteten eine solche Strategie an. Der N12-Sender berichtete, die Vermittlerstaaten Katar und Ägypten würden bereits Druck auf die Hamas ausüben, an den Verhandlungstisch zurückzukehren.
Bei allen Bemühungen, den Menschen in Gaza zu helfen, heizt die Veröffentlichung von Videos von verschleppten Geiseln die Stimmung weiter auf. Israel will die Hamas besiegen.04.08.2025 | 1:32 min
Netanjahu: Israel will Gaza nicht dauerhaft besetzen
In einem Interview mit dem US-Sender Fox News kurz vor Beginn der Sitzung des Sicherheitskabinetts sagte Netanjahu, Israel wolle das Gebiet nicht dauerhaft besetzen, sondern es von der Hamas befreien, um es schließlich an andere Kräfte zu übergeben.
Dies müssten Kräfte sein, die nicht wie die radikal-islamistische Terrororganisation Hamas zur Vernichtung Israels aufriefen.
Netanjahu sagte weiter: "Wir wollen ihn (den Gazastreifen) nicht behalten. Wir wollen eine Sicherheitsgrenze haben. Wir wollen ihn nicht regieren." Konkret sagte Netanjahu, den Gazastreifen an "arabische Kräfte" übergeben zu wollen.
Angehörige der Entführten hatten sich gegen militärische Befreiungsversuche ausgesprochen und auf eine Einigung zur Beendigung des Kriegs gedrängt. Kritiker werfen Netanjahu vor, den Krieg aus politischen Gründen zu verlängern, um seine Koalitionspartner zufriedenzustellen.
In Gaza herrscht nach Worten von Außenminister Wadephul inzwischen eine Hungersnot. Bei seinem Israel-Besuch habe er eine "fundamentale Änderung" der Versorgungslage angemahnt.