FAQ
Verteidigungsausgaben:Nato beschließt Fünf-Prozent-Ziel
|
Die Nato-Länder haben auf ihrem Gipfel in Den Haag eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben beschlossen. Generalsekretär Rutte sieht zu der Entscheidung "keine Alternative".
Die Nato-Staaten haben eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben vereinbart. Jeder Bündnispartner verpflichtet sich, spätestens ab 2035 jährlich fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Verteidigung und Sicherheit zu investieren, heißt es in der Abschlusserklärung des Nato-Gipfels in Den Haag.
Demnach sollen 3,5 Prozent des BIP direkt für Verteidigung und 1,5 Prozent für verteidigungsrelevante Infrastruktur ausgegeben werden. Das könnten etwa Investitionen in Bahnstrecken, panzertaugliche Brücken und erweiterte Häfen sein. Bisher lag das Ziel bei zwei Prozent.
Trump: USA stehen hinter Nato
Der Beschluss ist auch darauf ausgelegt, US-Präsident Donald Trump entgegenzukommen. Trump hatte wiederholt höhere Verteidigungsausgaben der europäischen Verbündeten gefordert, um die Abhängigkeit der Nato von den USA zu verringern. Auch hatte er Zweifel daran geweckt, ob die USA noch zur Kernabsprache des Nato-Vertrags stehen.
Auf dem Gipfel in Den Haag bekannte Trump sich zur Bündnispflicht der gegenseitigen Verteidigung: "Wir stehen voll und ganz hinter ihnen", sagte er mit Blick auf die Nato-Partner.
Rutte: Keine Alternative zu Ausgabenerhöhung
Die Erhöhung ist nicht zuletzt eine Antwort auf die wachsende Bedrohung durch Russland nach dem Einmarsch in die Ukraine Ende Februar 2022. Nato-Generalsekretär Mark Rutte sprach von "historischen, umwälzenden Beschlüssen". Es gebe bei den Nato-Partnern angesichts der Bedrohung aus Russland und der internationalen Sicherheitslage die "feste Überzeugung", dass es "keine Alternative" zum Fünf-Prozent-Ziel gebe.
Wir müssen das wirklich tun.
Mark Rutte, Nato-Generalsekretär
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betonte im ZDF, bei dem Ausgabenziel gehe es nicht darum, dem US-Präsidenten einen Gefallen zu tun, sondern um Einsicht und die richtigen Schlussfolgerungen. In den vergangenen Jahren sei viel zu wenig in Streitkräfte und Verteidigung investiert worden. Rutte indes räumte ein, dass eine solche Erhöhung ohne den Druck Trumps nicht zustande gekommen wäre. Dieser erreiche etwas "was kein amerikanischer Präsident seit Jahrzehnten geschafft hat", lobte er den Republikaner.
Deutschland hat in seinem am Dienstag beschlossenen Haushaltsentwurf Ausgaben für 2025 von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) verankert. Bis 2029 sollen die Ausgaben sich auf 153 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Zu diesem Zeitpunkt wären etwa drei Prozent des BIP erreicht.
Merz: Erhöhung nicht für Trump, sondern wegen Bedrohung
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) betonte in Den Haag, Deutschland erhöhe seine Verteidigungsausgaben nicht für Trump, sondern wegen der aktuellen Gefahrenlage.
Die Entscheidungen, die wir treffen, treffen wir nicht, um irgendjemandem einen Gefallen zu tun, sondern wir treffen diese Entscheidungen, aus eigener Erkenntnis.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Merz rief Trump zudem zu schärferen Sanktionen gegen Russland auf. "Es wird keine militärische Lösung dieses Konfliktes geben. Wir müssen den wirtschaftlichen Druck auf Moskau erhöhen", sagte er zum Abschluss des Nato-Gipfels in Den Haag vor Journalisten. Er habe Trump bei dem Gespräch angesichts der Lage in der Ukraine "unseren dringenden Wunsch vorgetragen, doch jetzt auch auf amerikanischer Seite zu weiteren Sanktionen gegenüber Russland zu kommen", erklärte der Kanzler.
Merz für stärkere Zusammenarbeit der Geheimdienste
Russland bedrohe nicht nur die Ukraine, sondern "den gesamten Frieden, die gesamte politische Ordnung unseres Kontinents", sagte Merz weiter. Insbesondere die europäischen Nato-Partner müssten "in den nächsten Jahren mehr tun", um die eigene Verteidigungsfähigkeit zu sichern. Er forderte, neu zu definieren, was eigentlich Aggression und Krieg bedeuten. Mit dem Hinweis auf Cyberattacken und zerstörte Kommunikationskabel in der Ostsee sagte Merz:
Wir werden von Russland bereits in diesem Sinne angegriffen.
Friedrich Merz (CDU), Bundeskanzler
Dagegen müsse man sich wehren. Die Politik werde noch viel stärker darauf hinweisen müssen, dass die Übergänge zwischen Krieg und Frieden nicht mehr am Auftritt von Panzerarmeen gemessen werden könnten. Er biete den europäischen Partnern eine viel stärkere Zusammenarbeit der Geheimdienste an. "Wir müssen zu anderen Formen der Zusammenarbeit kommen."
Spanien: Nato-Ziele auch ohne Fünf-Prozent-Marke erreichbar
Spaniens Regierungschef Pedro Sánchez bekräftigte unterdessen, dass sein Land die Nato-Ziele auch ohne Verteidigungsausgaben von fünf Prozent der Wirtschaftsleistung erfüllen könne. Spanien wende dieses Jahr 2,1 Prozent des BIP auf, und könne damit alle Anforderungen der Nato an Spanien erfüllen, beteuerte der Sozialist. Es gebe mit der Nato abgestimmte Vorgaben, was Spanien zur Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses beitragen solle, sagte Sánchez. Das spanische Militär habe ihm versichert, dass es diesen Anforderungen mit zwei Prozent des BIP gerecht werden könne.
Trump äußerte sich empört über die Weigerung Spaniens. Er werde Spanien dafür bezahlen lassen, sagte Trump bei seiner Pressekonferenz zum Abschluss des Nato-Gipfels in Den Haag. Er werde mit Spanien einen Handelsvertrag abschließen, in dem das Land doppelt so hohe Zölle bekomme als andere.
Quelle: dpa, Reuters, AFP
Mehr zum Nato-Gipfel
mit Video
Gipfel in Den Haag:Trump veröffentlicht private SMS von Nato-Chef
Lara Wiedeking, Den Haag
mit Video
Regierungserklärung von Merz:"Wir dürfen uns nie an Kriegsgräuel gewöhnen"
Interview