Vertrauensfrage in Frankreich:Votum in Paris: Warum Regierung Niederlage droht
In Frankreich wird heute mit dem Sturz der Regierung gerechnet, wenn Premierminister Bayrou in der Nationalversammlung die Vertrauensfrage stellt. Worum es geht: ein Überblick.
Der französische Premierminister Bayrou plant, vor der Nationalversammlung die Vertrauensfrage zu stellen. Es wird erwartet, dass er diese verliert.
08.09.2025 | 1:42 minWas als Befreiungsschlag gedacht war, dürfte wohl in einem politischen Debakel enden: Wenn Frankreichs Premierminister Francois Bayrou am Montag in der Pariser Nationalversammlung im Streit um seinen Sparkurs die Vertrauensfrage stellt, ist schwer vorstellbar, dass er und seine Minderheitsregierung das Votum überstehen können.
Frankreich droht damit, in eine Sackgasse zu rutschen. Und auch Emmanuel Macron, der als Präsident von dem Votum nicht bestätigt oder entmachtet werden kann, würde Schaden nehmen. Die zentralen Fragen im Überblick.
Frankreichs Premierminister François Bayrou ist seit nicht einmal neun Monaten im Amt - und doch könnte seine Regierung schon heute stürzen. „Es wird fest davon ausgegangen, dass die Regierung zurücktritt“, so ZDF-Korrespondent Thomas Walde.
08.09.2025 | 1:38 minWas ist der Grund für die Abstimmung?
Premier Bayrou sucht die Flucht nach vorn: Am Mittwoch drohen Massenproteste, ein Bündnis will "alles blockieren". Zugleich stehen schwierige Verhandlungen über milliardenschwere Kürzungen im Haushalt bevor, ein möglicher Anlass für einen Sturz durch die Opposition, wie schon im Vorjahr.
Um dem zuvorzukommen, ruft Bayrou das Votum aus, nicht über einzelne Sparmaßnahmen, sondern über "Chaos oder Verantwortung". Sein gewagter Poker: Wer die Notwendigkeit von Einsparungen anerkennt, soll ihm das Vertrauen aussprechen.
Frankreich versinkt im Schuldenberg. Premier Bayrou plant ein striktes Sparprogramm mit eingefrorenen Renten, gekürzten Sozialleistungen und der Abschaffung von Feiertagen.
26.08.2025 | 1:33 minWarum ist der Spardruck in Frankreich so hoch?
Mit einem Haushaltsdefizit von 5,8 Prozent liegt Frankreich deutlich über dem EU-Grenzwert von 3 Prozent. Die EU hat einen kritischen Blick darauf, ob Paris mit dem Sparen nun wirklich Ernst macht. Dabei war der ohnehin hohe öffentliche Schuldenstand zuletzt auf rund 114 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen – nach Griechenland und Italien die höchste im Euroraum. In absoluten Zahlen trägt Frankreich mit 3.300 Milliarden Euro den größten Schuldenberg.
Bayrous Haushaltsentwurf sieht Einsparungen von 43,8 Milliarden Euro vor. Die Zinszahlungen drohen zum größten Ausgabenposten zu werden, noch vor Bildung und Verteidigung.
Der französische Präsident Macron will, dass Frankreich künftig mehr Geld für die Verteidigung ausgibt. Bis 2027 soll der Wehretat zweimal so hoch wie noch 2017 sein.
14.07.2025 | 1:32 minHat Bayrou Chancen, das Votum zu gewinnen?
Danach sieht es nicht aus. Eine einfache Mehrheit reicht, um die Regierung zu stürzen. Bayrou hatte wohl auf Unterstützung von Sozialisten oder Marine Le Pens Rechtsnationalen gehofft. Doch beide lehnten ab. Besonders die Sozialisten, verärgert über Rentenpläne, zeigten sich unnachgiebig.
Auch Grüne, Kommunisten und die Linkspartei LFI wollen das Vertrauen entziehen. Das sind zusammen 330 Stimmen. Das Regierungslager kommt nur auf 210. Einzige Hoffnung: Enthaltungen in der Opposition. Doch das gilt als unwahrscheinlich.
Der französische Regierungschef Bayrou hat zwei Misstrauensvoten überstanden und damit auch den Haushalt 2025 durchgebracht. Die Regierung hat keine eigene Mehrheit im Parlament.
06.02.2025 | 0:26 minWas passiert bei einer Niederlage des Premiers?
Verliert Bayrou die Vertrauensfrage, muss er bei Präsident Macron den Rücktritt seiner Regierung einreichen. Der ist dann in Zugzwang und wird vermutlich versuchen, möglichst rasch einen neuen Premierminister zu ernennen. Die Suche und die spätere Regierungsbildung dürften schwierig werden.
Denn: Weder Macrons Mitte-Lager noch die linken Kräfte oder Marine Le Pens Rechtsnationale haben in der Nationalversammlung eine eigene Mehrheit. Koalitionen sind in Frankreich unüblich. Als Ausweg könnte Macron die Nationalversammlung auflösen und Neuwahlen ausrufen. Eine Option, die er bislang scheute, aber nicht ausschließt.
Deutschland und Frankreich wollen in der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik näher zusammenrücken. Überschattet wurde der Ministerrat von der französischen Regierungskrise.
29.08.2025 | 2:41 minWas hieße eine Schlappe der Regierung für Frankreich?
Die politische Krise des Landes würde sich verschärfen. Derzeit ist nicht absehbar, wer die verschiedenen Lager als Premier vereinen und Stillstand verhindern könnte. Auch Neuwahlen würden zunächst Instabilität bedeuten.
Muss Macron bei einer verlorenen Abstimmung zurücktreten?
Nein. Bei der Abstimmung geht es nur um die Regierung, nicht um Macron, der als Staatschef direkt vom Volk gewählt ist. Scheitert die Vertrauensfrage, wäre das aber auch für Macron eine Klatsche. Schon der zweite Premier in Folge wäre dann von der Opposition zu Fall gebracht worden.
Nach dem Sturz der Regierung ernennt der französische Präsident Emmanuel Macron François Bayrou zum neuen Premierminister. Er ist bereits der vierte Premier in einem Jahr.
13.12.2024 | 2:34 minWas hieße das für Berlin und Brüssel?
Macron bleibt außenpolitisch Ansprechpartner, doch die innenpolitische Krise dürfte ihn international ausbremsen. Und: Frankreichs finanzielle Probleme sind auch für Partner relevant, wirtschaftlich und sicherheitspolitisch.
Eine geschwächte französische Wirtschaft belastet Handelspartner, und bei großen Krisen wie dem Ukraine-Krieg könnte Paris zeitweise das Geld knapp werden.
In Paris beraten sich die westlichen Unterstützer der Ukraine. Laut Frankreichs Präsident Macron wären 26 Länder bereit, Truppen zur Absicherung eines Friedens einzusetzen.
04.09.2025 | 2:42 minWas, wenn Bayrou das Vertrauen bekommt?
Ein Erfolg würde die Regierung nur vorübergehend stärken. Der Sparhaushalt wäre damit noch nicht beschlossen. Scheitert der Kompromiss zwischen den Lagern, droht Bayrou dennoch ein Misstrauensvotum. Genau das wurde im Dezember auch seinem Vorgänger Michel Barnier zum Verhängnis.
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