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Analyse
Umgang mit AfD im Bundestag:Warum Spahns Vorschlag kein Streit-Grund ist
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Wie umgehen mit der AfD? Jens Spahn hat dazu einen Streit angezettelt, so scheint es. Die SPD mahnt. Die Grünen warnen. In der Union verteidigen sie Spahn weitgehend. Aber für was?
Bei genauerer Betrachtung hat der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionschef Jens Spahn recht Schlichtes gesagt zum Umgang mit der AfD im Bundestag: "Harte Auseinandersetzungen in der Sache" müsse es geben, so Spahn bei "Berlin direkt". "Aber keine Geschäftsordnungstricks, wo die AfD sich dann in die Opferrolle begeben kann."
Die Aufregung ist binnen der drei Tage deshalb entflammt, weil Spahn der "Bild"-Zeitung am Samstag gesagt hatte, mit der AfD sei umzugehen "wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch". Dieser letzte Teil empörte: Weil die AfD eben nicht sei wie jede andere Partei! Spahn beteuert, genau das sehr wohl zu wissen aus eigener Erfahrung, etwa als Gesundheitsminister in der Corona-Zeit.
Ausschüsse: Leute, die sich auskennen sollen
Er riet aber hier nur dazu, bei der Gestaltung der Abläufe im Bundestag und der Besetzung der Ausschüsse "die Minderheits- und Mehrheitsrechte" zu beachten. "Da würde ich uns einfach empfehlen, mit der AfD als Oppositionspartei so umzugehen in den Verfahren und Abläufen wie mit jeder anderen Oppositionspartei auch."
"Da" sagte Spahn explizit, sprich: im Bundestag bei der Besetzung der Ausschüsse. Diese Ausschüsse sind sozusagen die kleinen Parlamente im Großen. Weil nicht der ganze Bundestag über jede der tausenden Fach- und Einzelfragen beraten kann, werden Details in die Ausschüsse verwiesen. Die umfassen so zwischen 20 bis 50 Abgeordnete, jene Leute, die sich auskennen sollen mit der Materie.
Die Besetzung der Ausschüsse richtet sich nach der Größe der Fraktion, also nach dem Ergebnis der Bundestagswahl. Da die AfD mit gut 20 Prozent im aktuellen Bundestag vertreten ist, wird sie dementsprechend auch in jedem Ausschuss Mitglieder stellen. Niemand hat das je in Frage gestellt.
Ausschüsse spiegeln in etwa die Ministerien wider
Die Vorsitze der Ausschüsse sind seit 1949 stets nach der Fraktionsgröße verteilt worden, und zwar in einem Reihum-Verfahren: Die größte Fraktion, in diesem Bundestag wäre das die Union, darf den ersten Ausschuss auswählen, danach die AfD als zweitgrößte den zweiten, dann die SPD den dritten, Grüne den vierten, Linke den fünften, wonach wieder die Union dran wäre.
Die Ausschüsse spiegeln in etwa die Ministerien wider, in der Anzahl wird es wie stets etwas mehr Ausschüsse als Ressorts geben - insgesamt mehr als 20. Der wichtigste Ausschuss ist immer der Haushaltsausschuss. Der kontrolliert das Geld.
Traditionell geht dieser an die stärkste Oppositionsfraktion. Das war bereits 2017 bis 2021 so, als die AfD die Oppositionsführerschaft innehatte. In der letzten Wahlperiode saß die Union dem Haushaltsausschuss vor.
Bundesverfassungsgericht: Kein Recht auf Vorsitz
Nun aber würde der Vorsitz wieder an die AfD gehen. Hielten die alle für eine normale Fraktion, wäre das sicher so. Aber, und das sagt auch Spahn, natürlich gibt es keine Garantie dafür, dass die anderen Ausschussmitglieder auch die AfD-Person wählen werden. Erscheint die der Ausschussmehrheit als ungeeignet, gibt's keine Mehrheit. Das war im letzten Bundestag in allen drei AfD-Ausschüssen der Fall. So wie es in diesem Bundestag bei der Wahl des Vizepräsidenten gewesen ist.
In der Union halten viele den Zeitpunkt dieser Debatte von Spahn für falsch gewählt, da der Koalitionsvertrag noch nicht die Zustimmung der SPD hat. Den Inhalt finden die meisten richtig: keine Tricks mit der Geschäftsordnung. So sehen sie es auch bei der SPD und in Teilen der Grünen.
Umgekehrt müsse die AfD auch demokratische Mehrheiten in den Ausschüssen akzeptieren. Das Bundesverfassungsgericht hat sogar geurteilt, dass es hier keinen rechtlichen Anspruch auf einen Vorsitz gibt.
Sollte die AfD nun für die anderen akzeptable Mitglieder zur Wahl stellen, wie 2017, kann es gut sein, dass sie den Haushaltsausschuss und zwei weitere, vielleicht Gesundheit und Tourismus, bekommen wird. Was aber viele für ausgeschlossen halten: Einen AfD-Vorsitz im Innenausschuss, weil darin viel Sicherheitsrelevantes vertraulich bleiben muss unter dem Siegel des Vorsitzes.
Da jedoch CDU/CSU als größte Fraktion als erste auswählen kann, könnte sie den Innenausschuss sich selbst nehmen. Dann ginge Haushalt an die AfD, die so nach dem Reihumverfahren vier weitere relevante Ausschüsse wie Außen, Verteidigung, Europa, Justiz, nicht bekommen könnte. Das wäre ein ganz normaler parlamentarischer Umgang - ohne Geschäftsordnungstricks.
Wulf Schmiese ist stellvertretender Leiter ZDF-Hauptstadtstudios.
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