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Eklat um Verfassungsrichter-Wahl:Trittin: "Spahn kann seinen Job nicht"
von Felix Rappsilber
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Unions-Fraktionschef Spahn habe bei der Verfassungsrichter-Wahl versagt, sagt Ex-Grünen-Politiker Jürgen Trittin bei "Lanz". Die Koalition sei wiederholt "nicht handlungsfähig".
"Das ist der zweite Fall, wo die Koalition wegen Widersprüchen in den eigenen Reihen nicht handlungsfähig war." Im Zuge der geplatzten Verfassungsrichterwahl äußerte der frühere Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin deutliche Kritik an der schwarz-roten Koalition.
Die Bundesregierung habe "zwei Anläufe gebraucht, um den Kanzler zu wählen, bedurfte der helfenden Hand der Linkspartei und der Grünen, damit es einen neuen Wahlgang gibt". Auch die Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht seien offiziell mit den Grünen und inoffiziell mit der Linkspartei "abgestimmt" gewesen.
Trittin: Wahl scheiterte "an inneren Widersprüchen der Union"
Die Wahl der Verfassungsrichter sei "an inneren Widersprüchen der Union zum Platzen gebracht worden". Nachdem Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann Jens Spahn am Vorabend bei "Lanz" "eklatantes Führungsversagen" unterstellt hatte, legte Trittin noch einen drauf:
Jens Spahn kann seinen Job nicht.
Jürgen Trittin, ehemaliger Umweltminister und Grünen-Fraktionsvorsitzender
Ein Fraktionsvorsitzender müsse "so in die Fraktion vernetzt sein", dass er Gegenstimmen höre und vorher keine Kandidatenliste mit dem Koalitionspartner und zwei Oppositionsfraktionen abschließe, "wenn er nicht seine Leute hinter sich hat":
Das ist die Grundregel, die man braucht. Und da hat er versagt.
Jürgen Trittin, ehemaliger Umweltminister und Grünen-Fraktionsvorsitzender
Trittin: Merz hat ordentliches Regieren versprochen
An die Union sei eine "Kampagne" gegen Frauke Brosius-Gersdorf herangetragen worden - von Leuten, "die eine offene Front zur AfD haben". Doch das sei nichts "Überraschendes": "In den sozialen Medien war diese Stimmung schon da und die Kampagne lief."
Trittin legte nach: "Das muss ein Fraktionsvorsitzender beherrschen. Sonst ist er ja nicht geschäftsfähig." Dem Bundeskanzler warf er vor: "Am Ende geht das nicht nur mit Jens Spahn, sondern auch mit Friedrich Merz nach Hause, weil er hat uns ja ordentliches Regieren versprochen." Aus sich heraus sei diese Regierung "nicht handlungsfähig", sondern habe sich in eine "Sackgasse hineinmanövriert".
Höning: Offene Flanken der Union zur AfD?
Journalistin Antje Höning berichtete über ein Geraune im politischen Berlin: "Gibt es in der Union offene Flanken zur AfD? Wollen womöglich welche aus der Union Schwarz-rot destabilisieren, damit man sich zur anderen Seite offen zeigt?" Spekulationen über Teile der Union, die sich mit AfD-Vertretern abstimmen würden, könnten laut Höning erklären, "dass zwei Mal so gegen [Schwarz-rot] geschossen wird".
Trittin empörte sich mit Blick auf die Debatte um Brosius-Gersdorf: "Die CDU-Abgeordnete aus Brandenburg, Saskia Ludwig, hat auf einen Tweet eines AfDlers, die CDU solle das verhindern, auf X geantwortet: 'Job erledigt.'"
Trittin: Braune Zone der CDU
Das sei eine "offene Kooperation" zwischen gesichert rechtsextremistischen Kräften und einer Abgeordneten der CDU: "Das fand ich schon einen Tweet, der alle Grenzen überschreitet und da ist von Brandmauer nicht die Rede. Das ist die braune Zone der CDU."
In den offiziellen Verlautbarungen stehe die Brandmauer, widersprach Höning. Sie sagte: "Friedrich Merz hat, bis auf diese eine Abstimmung, wo er es in Kauf genommen hat, eigentlich auch klare Kante gezeigt. Aber da scheint jetzt ein Unterstrom zu laufen, den er nicht kontrollieren kann."
Trittin wisse nicht, ob das mehr ist "als eine randständige Position": "Aber es gibt innerhalb der Union namentlich und zitierbar Kräfte, und zwar auch der Bundestagsfraktion, die eine solche Kooperation nicht für ausgeschlossen halten."
Trittin kritisiert Kulturkampf von rechts
Die Personalie Frauke Brosius-Gersdorf sei "bewusst von rechts zum Kulturkampf gemacht worden". Trittin sah internationale Parallelen: "Kulturkampf globalisiert sich. Für den rechten Rand - von Trump bis Beatrix von Storch - gibt es drei Feindbilder: farbige Menschen, (...) queere Menschen und Ökos."
Dieser Kulturkampf sei "ganz gezielt und offensichtlich mit großer Wirkung innerhalb der Union zum Erfolg gekommen".
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