Gipfel mit Trump: Warum Putin gelassen nach Alaska reisen kann

Analyse

Vor dem Gipfel mit Trump:Warum Putin gelassen nach Alaska reisen kann

von Felix Klauser
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Durch das Treffen mit Trump ist Putin zurück auf der politischen Weltbühne. Der Kremlchef hat damit schon viel gewonnen - ganz gleich, wie der Alaska-Gipfel ausgeht.

Trump warnt
US-Präsident Trump droht Kremlchef Putin mit ernsten Konsequenzen, falls er sich einem Kriegsende verweigern sollte. Bei dem Gipfel in Alaska geht es um Waffenruhe, Gebietsfragen und Sicherheitsgarantien für die Ukraine.14.08.2025 | 1:51 min
Wladimir Putin hat es mal wieder geschafft. Noch vergangene Woche schien Russlands Präsident in einer ungewöhnlich unbequemen Lage: Donald Trump drohte, die Geduld mit Russland zu verlieren. Ein Ultimatum für eine Waffenruhe im Krieg in der Ukraine stand im Raum und US-Sanktionen gegen jene, die weiter russisches Öl und Gas kaufen.
Eine Moskau-Reise später - von Steve Witkoff, dem US-Sondergesandten - ist alles anders: Ultimatum vom Tisch, harte US-Sanktionen erstmal vertagt und Putin in Alaska.
US President Donald Trump speaks in the Oval Office at the White House, Washington, DC, USA, 14 August 2025.
US-Präsident Trump hat vor dem Treffen mit Kremlchef Putin betont, dass er nicht mit einem Deal rechnet. Laut Trump soll das Gespräch die Grundlage für weitere Verhandlungen schaffen.15.08.2025 | 0:23 min

Russland: Gebietsabtretungen als "Angebot"

Mit einem vergleichsweise einfachen Taktikwechsel hat Putin den US-Präsidenten dorthin gebracht, wo er ihn wohl immer haben wollte. Nachdem Moskau Gespräche über Gebietsansprüche lange abgelehnt hatte, verließ der US-Gesandte Witkoff den Kreml vergangene Woche offenbar mit dem Eindruck, Russland sei nun doch zu Gebietsverhandlungen bereit, und zu einem Waffenstillstand.

Es wird einen Tausch von Territorien geben, der für beide Seiten von Vorteil ist.

Donald Trump, US-Präsident

aj-doku: Friedensbringer Trump
Donald Trump träumt vom Friedensnobelpreis. In Alaska will er mit Wladimir Putin über ein Kriegsende in der Ukraine verhandeln. Wer profitiert von dem Gipfeltreffen?13.08.2025 | 18:31 min

Verwirrung bei Trump-Gesandtem Steve Witkoff

Witkoff hatte Putin wohl so verstanden, dass sich Russland aus Saporischja und Cherson zurückziehen könnte, im Gegenzug zu einem ukrainischen Rückzug aus den Regionen Luhansk und Donezk (die Russland zwar annektiert, aber nicht vollständig besetzt hat).
Die Karte zeigt von Russland völkerrechtswidrig annektierten Gebiete in der Ukraine: Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson und die Krim.

Dass der Kreml bereit ist, besetzte Gebiete aufzugeben, erscheint jedoch äußerst unwahrscheinlich.

Wohin der Stiefel eines russischen Soldaten tritt, das gehört uns.

Wladimir Putin, Präsident Russlands im Juni

Dementsprechend irritiert reagierten europäische Vertreter, als sie vom angeblichen Angebot erfuhren - bis Witkoff schließlich zurückruderte.
Moskau: US-Sondergesandter trifft Putin
Der US-Sondergesandte Witkoff kommt heute für Vermittlungen mit Präsident Putin zusammen. Trump droht mit Sanktionen, sollte Russland bis Freitag keiner Feuerpause im Ukraine-Krieg zustimmen.06.08.2025 | 1:50 min

Putins Rückkehr auf die politische Weltbühne

All das - und dass die Ukraine bei faktischen Gebietsabtretungen wichtige Verteidigungslinien im Donbass aufgeben müsste - scheint Trump wenig zu kümmern.
Immerhin: Nach den Gesprächen am Mittwoch zwischen Trump, Wolodymyr Selenskyj und europäischen Verbündeten trat man rhetorisch geeint auf. Doch klar ist auch, dass diese Einigkeit von kurzer Dauer sein kann.
Während Europa sorgenvoll Richtung Alaska blickt, kehrt Putin zurück auf die politische Weltbühne - eingeladen und empfangen vom US-Präsidenten persönlich.
Wolodymyr Selenskyj und Friedrich Merz bei den Abschlussstatements nach der Videokonferenz mit Donald Trump.
Nach einer Videokonferenz mit US-Präsident Trump äußern sich Wolodymyr Selenskyj und Friedrich Merz zur Strategie für das anstehende Treffen von Trump und Putin.13.08.2025 | 15:34 min

Wladimir Putin führt Trump seit Monaten vor

Es ist nicht das erste Mal, dass es Putin gelingt, den US-Präsidenten dorthin zu manövrieren, wo er ihn haben will. Mehrfach drohte Trump mit einem Rückzug aus den Friedensbemühungen - bis Putin direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine in Istanbul anbot.
Die Delegation, die der Kremlchef schickte, blieb drittklassig, und Putin bei seinen Maximalforderungen. Allein: Für Trump war das offenbar nebensächlich. Er konnte vermeintliche Fortschritte verkünden, während Russland in der Ukraine Gelände gewann.

Gipfel-Treffen in Helsinki 2018: Für Donald Trump ein Fiasko

Bereits das erste Treffen der beiden Präsidenten endete für Trump im Fiasko. 2018 in Helsinki nahm der US-Präsident das Wort Putins für bare Münze: "Er hat gesagt, dass er sich auf keinen Fall in unsere Wahlen eingemischt hat."
Trump stellte damit Putins Aussage über US-Geheimdienstberichte zur russischen Einflussnahme im US-Wahlkampf - und ruderte später zurück.
Erwartungen der Ukrainier an das Treffen Trump Putin
Welche Erwartungen haben die Menschen in der Ukraine an das Gespräch von US-Präsident Trump mit Russlands Präsident Putin? Wie ist die Stimmung in der Ukraine kurz vor dem Treffen?13.08.2025 | 2:04 min

Donald Trump über Putin: "ausgebufft" und "genial"

Dem Verhältnis der beiden schadete das jedoch nicht. Putins Anerkennung der sogenannten "Volksrepubliken" im Donbass, kurz vor dem russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022, nannte der US-Präsident "ausgebufft" und "genial".
Schon 2013 als Trump einen "Miss Universe"-Wettbewerb in Moskau durchführte, lechzte er nach Putins Aufmerksamkeit. Auf damals noch Twitter (heute X) sinnierte er, ob Putin wohl zum Wettbewerb erscheine: "Und wenn er das tut, wird er mein neuer bester Freund?"

Gipfel in Alaska: kaum schlechte Optionen für Putin

Der Alaska-Reise dürfte Putin nicht nur deshalb entspannt entgegenblicken. Geht Trump auf seine Forderungen ein, wäre dem Kremlchef der nächste Coup gelungen. Die Kämpfe könnte er später immer noch fortführen.
SGS Slomka - von Fritsch
Putin habe als zentrales Ziel, die Ukraine zu unterwerfen, sagt Deutschlands ehemaliger Botschafter in Moskau, Rüdiger von Fritsch. Daran werde er festhalten. 13.08.2025 | 4:45 min
Und selbst ohne eine Einigung hätte Putin wenig zu verlieren. Die Sanktionsdrohung Trumps hat seit der letzten verstrichenen Frist an Drohpotenzial verloren. Russlands Truppen könnten in der Ukraine weiterkämpfen und (wie zuletzt) Gelände gewinnen. Würde Trump ein Scheitern der Friedensbemühungen der Ukraine anlasten, wäre der Triumph des Kreml perfekt. Nicht ausgeschlossen, dass Trump und Putin tatsächlich noch beste Freunde werden.
Felix Klauser berichtet über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

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