Nach Angriffen auf Iran: USA haben noch "Optionen zur Eskalation"

Nach Angriffen auf Iran:Experte: USA haben "Optionen zur Eskalation"

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Mit bunkerbrechenden Bomben haben die USA in der Nacht das Atomprogramm Irans angegriffen. Militärexperte Fabian Hinz analysiert die Operation - und mögliche Folgen für die Region.

Militärexperte Hinz im Schaltgespräch mit der ZDFheute live
Wenn die USA sagen, kein anderes Land, hätte diese Operation durchführen können, stimme das, so Militärexperte Hinz. Das US-Militär habe die Option zur weiteren Eskalation.22.06.2025 | 9:24 min
Dass das US-Militär in den Krieg zwischen Israel und Iran eingreift, wurde von vielen erwartet. Dennoch: Nachdem US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, innerhalb von zwei Wochen über mögliche Militäroperationen in Nahost zu entscheiden, kam der zeitnahe und umfangreiche Angriff nun überraschend. Gleich drei wichtige Nuklearanlagen in Iran - Fordo, Natans und Isfahan - waren das Ziel.
Welche Konsequenzen hat das militärische Eingreifen der USA in den Nahost-Konflikt? Darüber hat ZDFheute live mit dem Militärexperten Fabian Hinz vom International Institute for Strategic Studies gesprochen.
Sehen Sie das gesamte Interview oben im Video oder lesen Sie hier Auszüge. 
Das sagt Fabian Hinz…

… zur Operation "Midnight Hammer"

Bei dem US-Angriff auf Atomanlagen in Iran sind laut US-Generalstabschef Dan Caine unter anderem sieben B-2-Bomber mit 14 bunkerbrechenden Bomben vom Typ "GBU-57" eingesetzt worden. "Wenn die Amerikaner sagen, dass kein anderes Land auf der Welt das so durchführen könnte, dann hätten sie damit recht", so die Einschätzung von Militärexperte Fabian Hinz.

Das könnte keine europäische Nation, das könnte Russland nicht. Die Chinesen arbeiten an entsprechenden Fähigkeiten, sind aber noch nicht so weit.

Fabian Hinz, International Institute for Strategic Studies 

Daher sei die Operation "Midnight Hammer" ein "wirklich substanzieller Angriff", der darauf abgezielt habe, die iranischen Atomanlagen komplett zu zerstören. Auch wenn noch unklar sei, wieviel Schaden der Angriff genau angerichtet habe. Sollten die USA beispielsweise herausfinden, dass die Angriffe nicht so gut funktioniert haben, wie man sich das vorgestellt hat, könnten sie die gleiche Art von Angriffen nochmal fliegen oder sogar noch ausweiten, so Hinz.

Man hat noch Optionen zur Eskalation.

Fabian Hinz, International Institute for Strategic Studies 

22.06.2025, Iran, Fordo: Die Vergleichsbilder der von Maxar Technologies zur Verfügung gestellten Satellitenbilder zeigt die Anreicherungsanlage Fordo im Iran vor den US-Angriffen am 20. Juni 2025 (l) und nach den Angriffen am 22. Juni 2025 (r).
Die Uran-Anreicherungsanlage in Fordo vor und nach dem US-Luftangriff.
Quelle: dpa

Er glaube, die Aussage der USA, dass ein Regime-Change nicht wirklich auf der Agenda gewesen sei, dem Iran zeigen solle, dass "der Iran noch einen Ausweg hat". Gleichzeitig sei das aber auch eine Möglichkeit, Iran "subtil" zu drohen und zurück an den Verhandlungstisch zu bringen.
Die ganze ZDFheute live-Sendung zu den US-Angriffen auf Iran sehen Sie hier:
Ein US-Bomber des Typ B2
Die USA haben in der Nacht iranische Atomanlagen mit angegriffen und zerstört. Iran droht mit Konsequenzen. Analyse mit Militärexperte Fabian Hinz bei ZDFheute live.22.06.2025 | 47:43 min

… zur möglichen Sperrung der Straße von Hormus

Bislang sind keine diplomatischen Lösungen des Konflikts in Sicht. Iran droht damit, die Straße von Hormus zu schließen. Die Meerenge im Golf von Oman ist einer der weltweit wichtigsten Schifffahrtswege. Auch Iran braucht diese Route, um Öl zu exportieren.
Eine Schließung könne "auch Iran sehr schweren Schaden zufügen", so Militärexperte Hinz. Die Ölexporte seien notwendig für das Überleben des Regimes, da es sich so finanziert.

Das heißt, das ist auch ein sehr sensibler Bereich, wo man verwundbar ist gegenüber den USA und Israel.

Fabian Hinz, International Institute for Strategic Studies 

Grundsätzlich sei die Schließung aber "eine Option, die der Iran schon seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten, als mögliche Reaktion auf einen Angriff auf das Atomprogramm anführt." Die Möglichkeiten dazu hätte das Regime, erklärt der Militärexperte.
Ihr Arsenal könne "sowohl gegen die zivile Schifffahrt als auch gegen westliche Marineverbände in der Region durchaus Wirkung entfalten." Hinz betont, eine Blockade der Meerenge sei am Ende vom politischen Willen des iranischen Staatsoberhaupts abhängig:

Ob man dieses Risiko eingehen möchte oder nicht, das kann am Ende nur Chamenei entscheiden.

Fabian Hinz, International Institute for Strategic Studies 

Elmar Theveßen im Schaltespräch in der ZDFheute live
Den US-Angriffsplan auf Iran habe es schon unter vorherigen Präsidenten gegeben, so ZDF-Korrespondent Theveßen. Die USA erwarteten, dass Iran jetzt zu Verhandlungen bereit sei. 22.06.2025 | 4:50 min

… zu möglichen Folgen für die Nahost-Region

Die ganz große Frage sei, wie die iranische Reaktion ausfallen werde und wie sich die Dynamiken entwickelten, so Hinz. Ein Beispiel sei die iranische Vergeltung nach der Tötung von Oberbefehlshaber Ghassem Soleimani im Jahr 2020, als die Iraner eine US-Luftwaffenbasis im Irak beschossen haben. Damals habe man den Amerikanern eine Vorwarnzeit gegeben und einen begrenzten Schlag durchgeführt.
In der aktuellen Lage hieße das: Es bestehe die Möglichkeit, dass der Iran Vergeltung übe und das Gesicht wahre. Die USA würden dann eventuell nicht weiter zurückschlagen oder einen begrenzten Gegenschlag vornehmen. So verliefe die Eskalation Runde für Runde "relativ kontrolliert".
Theveßen, Brase, Reichart im Schaltgespräch mit der heute
ZDF-Korrespondenten berichten aus Washington, Istanbul und Tel Aviv: Wie reagiert die US-Regierung, welche Optionen bleiben dem Iran, und was denkt die israelische Bevölkerung?22.06.2025 | 3:31 min
Die andere Option wäre laut Hinz, dass der Iran Vergeltung übt und dabei auch "substanziellen Schaden anrichtet". Möglicherweise würden US-Soldaten getötet und die Amerikaner schlagen zurück. Dann würde sich die Situation "so schnell hochschaukeln", dass es "de facto zu einem direkten Eingreifen der Amerikaner in dem aktuellen israelisch-iranischen Konflikt führt", sagt der Militärexperte. In diesem Fall gebe es "nicht nur einzelne Angriffe", sondern "eine wirkliche Kampagne, ähnlich wie es die Israelis gerade machen."
Das Interview führte ZDF-Moderatorin Barbara Parente. Zusammengefasst haben es die ZDF-Redakteurinnen Merit Tschurer und Sara Lazarska.

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