Debatte um Eigenstaatlichkeit:Was die Anerkennung Palästinas bedeutet
Briten, Kanadier und Australier erkennen Palästina als Staat an. Portugal zieht nach, Frankreich will es tun. Das könnte Israels Isolation verstärken. Eine Staatsgründung bleibt unrealistisch.
Kanada, Australien, Portugal und Großbritannien haben gestern vor den Vereinten Nationen den Staat Palästina anerkannt. Frankreich will heute folgen. Geht die Wirkung über Symbolpolitik hinaus?
22.09.2025 | 4:20 minGroßbritannien, Australien und Kanada haben Palästina als Staat anerkannt. Portugal zieht am Abend nach, Frankreich will dem Beispiel am Montag folgen. Dieser Schritt wird jedoch keine baldige Staatsgründung nach sich ziehen.
Wird Israel dadurch weiter isoliert? Wie ist die Haltung anderer westlicher Länder? Welche weiteren Folgen könnte der Schritt haben? ZDFheute klärt die wichtigsten Fragen.
Vor der internationalen Konferenz zur Zweistaatenlösung haben mehrere Länder einen palästinensischen Staat anerkannt. ZDF-Korrespondentin Nicola Albrecht zu den Hintergründen.
22.09.2025 | 1:11 minWie ist die Haltung Israels?
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu lehnt eine palästinensische Eigenstaatlichkeit ab und will die israelische Kontrolle über das annektierte Ost-Jerusalem, das besetzte Westjordanland und den vom Krieg verwüsteten Gazastreifen aufrechterhalten.
Doch führende rechte israelische Politiker wollen einen großen Teil des Westjordanlandes komplett annektieren, wo Israel bereits mehr als 100 jüdische Siedlungen mit mehr als 500.000 Bewohnern gebaut hat. Aus dem Gazastreifen sollen zudem etwa zwei Millionen Menschen in andere Länder umgesiedelt werden, wenn es nach ihren Plänen geht.
Außenminister Wadephul hat die deutsche Position zur Zweistaatenlösung verteidigt. Eine vorzeitige Anerkennung eines Palästinenser-Staates lehnte er erneut ab.
01.08.2025 | 1:47 minIsraels Regierung und viele führende Politiker waren schon lange vor der Hamas-Attacke am 7. Oktober 2023, die den Gaza-Krieg auslöste, gegen einen eigenen palästinensischen Staat. Netanjahu erklärt, damit würde man die Hamas belohnen. Letztendlich würde dann ein noch größeres von dieser islamistischen Gruppe regiertes Gebiet an Israels Grenzen entstehen, so seine Argumentation.
Wie stehen die USA und Deutschland zu dem Vorhaben?
Die USA sind Israels engster Verbündeter und lehnen - wie Deutschland - die Anerkennung eines palästinensischen Staates zu diesem Zeitpunkt ab. Deutschlands Außenminister Johann Wadephul (CDU) bekräftigte zuletzt die Position der Bundesregierung, "dass ein Palästinenser-Staat jetzt nicht anzuerkennen ist, aber dass eine Zweistaatenlösung möglich sein muss".
Nach einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Netanjahu in Washington zeigt sich US-Präsident Donald optimistisch. Die islamistische Hamas wolle ein Abkommen mit Israel.
08.07.2025 | 1:36 minMit der sogenannten Zweistaatenlösung ist die Errichtung eines unabhängigen palästinensischen Staates gemeint, der friedlich Seite an Seite mit Israel existieren soll. Sie gilt als das international anerkannte Ziel für eine Lösung des Nahost-Konflikts. Deutschland setzt daher weiterhin auf eine Verhandlungslösung. Doch alle Versuche einer friedlichen Einigung beider Seiten waren bisher gescheitert, die letzten Gespräche gab es 2014.
Was wollen die Palästinenser?
Die Palästinenser begrüßen zwar die internationale Unterstützung für ihr Streben nach Eigenstaatlichkeit, aber sie sagen, dass es dringlichere Maßnahmen gebe, die der Westen ergreifen könnte, um Druck auf Israel auszuüben.
Die Entstehung des Nahost-Konflikts
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts leben Muslime und Juden im Osmanischen Reich weitgehend friedlich zusammen. Doch in Europa werden die Juden ausgegrenzt und verfolgt ...
Quelle: ZDFWas sagt die Terrororganisation Hamas?
Hamas-Führer haben bisweilen angedeutet, dass sie einen Staat in den Grenzen von 1967 akzeptieren würden, aber es ist weiter ihr erklärtes Ziel, Israel zu vernichten.
Was sagen Experten?
"Es ist ein bisschen merkwürdig, dass die Antwort auf tägliche Schreckenstaten in Gaza, die allem Anschein nach vorsätzliches Aushungern einschließen, ist, einen theoretischen palästinensischen Staat anzuerkennen, der in der Realität vielleicht niemals entstehen wird", sagt Chaled Elgindi, ein Gastdozent im Zentrum für zeitgenössische Arabistik an der amerikanischen Georgetown University. "Es sieht eher nach einem Weg für diese Länder aus, den Eindruck zu erwecken, sie würden etwas tun."
ZDF-Korrespondent Ulf Röller (Leiter Studio Brüssel) mit Reaktionen der EU auf eine Anerkennung von Palästina als Staat.
25.07.2025 | 4:34 minPolitikexperte Fathi Nimer von der palästinensischen Denkfabrik Al-Schabaka meint, die Länder hätten Handelsvereinbarungen mit Israel aussetzen und Waffenembargos oder andere Sanktionen verhängen können.
Diesen Ländern steht ein breites Instrumentarium zur Verfügung, aber es fehlt der politische Wille, es zu nutzen.
Fathi Nimer, Politikexperte
Die meisten Länder auf der Welt haben einen palästinensischen Staat schon vor Jahrzehnten anerkannt, aber mit Großbritannien - und ab Montag auch Frankreich - haben das nach China und Russland vier der fünf ständigen Mitglieder des UN-Weltsicherheitsrates. Die USA wären die einzige Ausnahme.
ZDFheute Infografik
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Welche Folgen hat eine Anerkennung?
Eine Anerkennung Palästinas durch diese Staaten könnte Israel auch eine Annexion erschweren, meint Hugh Lovatt vom European Council on Foreign Relations - insbesondere dann, wenn diese Staaten danach auch praktische Schritte ergreifen würden.
Nahost-Experte und Politikwissenschaftler Abdelasiem El Difraoui im Gespräch u.a. über eine Anerkennung des Staates Palästina durch die EU-Mitgliedstaaten.
22.05.2024 | 5:35 minUnd sie würde ins Gewicht fallen, wenn Israel und die Palästinenser jemals den Friedensprozess wiederaufnehmen würden, der nach Netanjahus Rückkehr ins Amt 2009 zum Stillstand kam, fügt Julie Norman vom University College London hinzu.
Denn dann "bringt es (eine Anerkennung) Palästina viel stärker auf Augenhöhe. Eigenstaatlichkeit ist dann ein Ausgangspunkt für solche Verhandlungen anstatt ein sicherlich nicht gewährleisteter Endpunkt", so die Professorin für Nahostpolitik.
Der Artikel wurde erstmals am 2. August 2025 publiziert.