Causa Brosius-Gersdorf: Bätzing warnt vor "Kulturkampf"

Causa Brosius-Gersdorf:Bischof Bätzing warnt vor "Kulturkampf"

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Nach der gescheiterten Wahl einer Verfassungsrichterin warnt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz vor einem "Kulturkampf". Ein kritischer Erzbischof rudert zurück.

Bischof Georg Bätzing
Bischof Georg Bätzing hat die Juristin Frauke Brosius-Gersdorf nach öffentlicher Kritik in Schutz genommen.
Quelle: dpa | Hannes P. Albert

In der Debatte über die gescheiterte Wahl der Juristin Frauke Brosius-Gersdorf als Richterin am Bundesverfassungsgericht haben sich erneut verschiedene Stimmen aus den Kirchen zu Wort gemeldet. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Limburgs Bischof Georg Bätzing, nahm Brosius-Gersdorf in der "Augsburger Allgemeinen" (Freitagsausgabe) in Schutz.

Diese Frau hat es nicht verdient, so beschädigt zu werden.

Bischof Georg Bätzing

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Bätzing: "Viel schiefgelaufen"

Auf die Frage, ob Vertreter der Kirche die Diskussionen um die Besetzung der Richterposten sogar noch angeheizt haben, sagte Bätzing, in der gesamten Debatte sei "viel schiefgelaufen".

Wir können diesen Kulturkampf nicht gebrauchen.

Bischof Georg Bätzing

Die Juraprofessorin Brosius-Gersdorf war von der SPD nominiert und unter anderem aus Teilen der Unionsfraktion sowie von Kirchenvertretern für Äußerungen zum Abtreibungsrecht angegriffen worden. Ihre Haltung in der Frage wurde als zu liberal kritisiert.
Bätzing zeichnete ein differenziertes Bild von Brosius-Gersdorfs Position zum Abtreibungsrecht. Es gehe zum einen um das Selbstbestimmungsrecht für Frauen, die ungewollt schwanger sind - zum anderen aber um den Schutz ungeborenen Lebens.
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Die derzeitige Praxis nach Paragraf 218a, der Straffreiheit unter bestimmten Bedingungen garantiert, bedeutet aus seiner Sicht allerdings eine "kluge Balance", sagte Bätzing. Daran zu rütteln "und damit womöglich eine gesellschaftliche Spaltung riskieren", halte er für einen Fehler.

Erzbischof Gössl: War "falsch informiert"

Der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl räumte ein, über Brosius-Gersdorf zum Thema Lebensschutz falsch informiert gewesen zu sein. Wie ein Sprecher der Erzdiözese mitteilte, haben Gössl und Brosius-Gersdorf inzwischen miteinander telefoniert.
Gössl sei "falsch informiert" gewesen und bedauere das "nachdrücklich", hieß es in der Mitteilung. Am vergangenen Sonntag hatte der katholische Geistliche in einer Predigt gesagt, Brosius-Gersdorf bestreite "angeblich das Lebensrecht ungeborener Menschen" und von einem "innenpolitischen Skandal" gesprochen.
Brosius-Gersdorf habe in dem Telefonat klargestellt, "dass sie sich immer schon für den Schutz des ungeborenen Lebens einsetzte und das auch heute tut", teilte das Erzbistum mit.
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Die Wissenschaftlerin hatte im ZDF vor wenigen Tagen den Erzbischof für dessen Predigt kritisiert. Sie finde es besonders verstörend, dass der Bamberger Erzbischof in Bezug auf ihre Person von einem "Abgrund von Intoleranz und Menschenverachtung" gesprochen habe, sagte sie in der Sendung "Markus Lanz". Das Gegenteil sei der Fall, im Zentrum ihrer wissenschaftlichen Arbeit stehe das Bemühen um sozial Schwache.

Theologe Dabrock bedauert Zurückhaltung evangelischer Kirche

Der evangelische Theologe Peter Dabrock sagte am Donnerstag im Deutschlandfunk, bei Fragen von Schwangerschaftskonflikten gehe es um "höchst komplexe Debatten". Brosius-Gersdorf habe auf diese Komplexität hingewiesen und vertrete eine Position, "die im Übrigen ich persönlich nicht teile, die aber im Diskurs eine normale Position ist".
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Dass jemand mit so einer Haltung nun "so diskreditiert ist, das ist eigentlich das Problem", urteilte Dabrock. Der Theologe bedauerte die Zurückhaltung von prominenten Vertreterinnen und Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland in der Debatte.
Quelle: dpa, AFP, KNA

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