CDU-Vize Prien zu Antisemitismus:"Würde mir weniger Schweigen wünschen"
Der zunehmende Antisemitismus in Deutschland müsse "beschämen", sagt CDU-Vize Karin Prien im ZDF. Sie wünsche sich mehr Solidarität und "weniger Schweigen".
Karin Prien ist stellvertretende CDU-Parteivorsitzende, Bildungsministerin in Schleswig-Holstein und Sprecherin des Jüdischen Forums der CDU. Sie hat selbst jüdische Wurzeln. Ein Jahr nach dem Massaker der Hamas in Israel zeigt sich die Politikerin schockiert von den Entwicklungen in Deutschland.
Antisemitismus momentan "stark sichtbar"
Der 7. Oktober sei "eine dramatische Zäsur" für Jüdinnen und Juden in aller Welt gewesen. Und der Überfall der Hamas als "grausames Massaker und auch als Pogrom" sei genau darauf ausgerichtet gewesen, eine solche Zäsur darzustellen, sagt Prien.
Mit Beginn des Gaza-Krieges ist der Nahost-Konflikt auch zunehmend nach Deutschland getragen worden. Auf den Straßen gab es Demonstranten, die den Tod von Israelis feierten, es gab Hass gegen Israel-Unterstützer und Antisemitismus, den es auf der linken und rechten Seite, aber auch in der Mitte der Gesellschaft und unter Migranten gebe. "Alle Formen sind in Deutschland momentan stark sichtbar", sagt die CDU-Politikerin.
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04.10.2024 | 24:30 minPrien fordert unbedingte Solidarität mit Israel
Leider sei Antisemitismus "ein Jahrtausende altes Phänomen und insbesondere in Deutschland ja überhaupt nichts Neues", stellt Prien fest. Trotzdem zeigt sie sich erschüttert über das "Ausmaß des Antisemitismus", weltweit, aber auch in Deutschland. Sie habe das so "niemals für möglich gehalten".
Deshalb fordert Prien mehr Solidarität mit Israel:
Die deutsche Politik, innen- wie außenpolitisch, darf keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sie an der Seite der Jüdinnen und Juden steht, aber auch an der Seite Israels, so schwer es vielleicht in mancher Stunde fallen mag.
Karin Prien, Sprecherin des Jüdischen Forums in der CDU
Es dürfe "kein Zerbröckeln, Zerbröseln der Solidarität erkennbar werden, und ich würde mir auch in Deutschland weniger Schweigen wünschen", sagt sie. Sie beklagt fehlende Solidarität mit Jüdinnen und Juden in Deutschland nach dem 7. Oktober. Stattdessen prägten Bilder von pro-palästinensischen Demonstrationen mit anti-israelischen und antisemitischen Parolen das Bild Deutschlands.
Prien kritisiert "Täter-Opfer-Umkehr"
In diesem Krieg haben alle Seiten Opfer zu beklagen und jeder müsse Raum zum Trauern erhalten. "Mitgefühl mit der Zivilbevölkerung in Gaza oder im Libanon, aber übrigens genauso mit der Zivilbevölkerung in Israel" sei selbstverständlich, betont Prien, denn das sei "eine Frage der Humanität".
Was mich stört, ist die Täter-Opfer- Umkehr und auch die Umkehr von Ursache und Wirkung an dieser Stelle.
Karin Prien, Sprecherin des Jüdischen Forums in der CDU
Es sei der Iran mit seinen Helfershelfern, wie der Hamas, gewesen, der den Angriff auf Israel von langer Hand geplant habe, "um einen Frieden in Nahost zu verhindern", sagt Prien weiter. Das dürfe man nicht vergessen.
Stefanie Reulmann ist Redakteurin im ZDF-Hauptstadtstudio Berlin.
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