Jens Spahn äußert sich zu den Vorwürfen bei der Corona-Maskenbeschaffung. Zuvor war der Bericht von Sonderermittlerin Sudhof ungeschwärzt öffentlich geworden. 05.07.2025 | 3:50 min
"Nichts Neues", so Jens Spahn, stehe im "Maskenbericht", der seit Freitagabend ungeschwärzt zugänglich ist. Wenig Neues sagt auch Spahn selbst gegenüber ZDFheute. Der ehemalige Gesundheitsminister und heutige Unions-Fraktionschef wiederholt, in der Corona-Zeit seien Fehler gemacht worden, aber er habe "nach bestem Wissen und Gewissen" gehandelt.
Der gesundheitspolitische Sprecher der
Grünen, Janosch Dahmen, bezichtigt Spahn dagegen gegenüber ZDFheute der Lüge. Die neue Gesundheitsministerin
Nina Warken habe "vor allem auch Stellen geschwärzt, um Jens Spahn und die Verantwortung der Union zu decken".
Der nun
ungeschwärzt vorliegende Bericht der Gesundheitsexpertin Margaretha Sudhof erhärtet die bekannten Vorwürfe gegen Spahn - und legt einen neuen nahe: den der Vertuschung. Wie so oft ist es nicht ein einzelner Fehler, der den ehemaligen Gesundheitsminister unter Druck setzt, sondern der Umgang mit Fehlern allgemein.
Eine ungeschwärzte Version des Sonderberichts belastet den Ex-Gesundheitsminister. Die Grünen fordern einen Untersuchungsausschuss.05.07.2025 | 1:30 min
Spahn kaufte Millionen Masken weit über Marktpreis ein
Erstens hat der damalige Gesundheitsminister Millionen Masken weit über Marktpreis eingekauft. Die Angst im Gesundheitsministerium, Deutschland könne zu Beginn der Pandemie ohne Masken in eine noch größere Notlage geraten, war groß, auch das belegt der Bericht von Sudhof (Seite 69).
Spahn hat aber - zweitens - damit etwa Unternehmen in einem benachbarten Wahlkreis oder der Tochter eines CSU-Granden zu lukrativen Aufträgen verholfen (S. 138). Laut Sudhof-Bericht erhielt Andrea Tandler 48,4 Millionen Euro Provisionsgelder für Vermittlungstätigkeiten an drei Gesundheitsministerien. Sie wurde 2023 - allerdings nicht wegen Bestechlichkeit, sondern wegen Steuerhinterziehung - zu vier Jahren und fünf Monaten Haft verurteilt.
Nachdem das Gesundheitsministerium merkte, dass es sich überkauft hatte, hat Spahns Haus - drittens - die Anforderungen an die Qualität der Masken heraufgesetzt - und so dem Staat erfolgreiche und millionenschwere Klagen von fast jedem zweiten Maskenhersteller aufgebürdet.
Ex-Gesundheitsminister Spahn hat sich in der Corona-Pandemie bei der Maskenbeschaffung überkauft. Ein Gutachten, das erst auf Druck öffentlich gemacht wurde, deckt nun massive Versäumnisse auf.29.06.2025 | 4:28 min
Nun aber steht - viertens - der Verdacht im Raum, dass die zahlreichen und teilweise seitenlangen Schwärzungen im "Maskenbericht" nicht nur die Interessen von Unternehmen, sondern wohl auch Jens Spahn schützen sollten. Das wiederum könnte nicht nur Spahn, sondern auch die neue Gesundheitsministerin Warken in Bedrängnis bringen.
Spahn kaufte auch nach Marktberuhigung weiter teuer ein
Seit Freitagabend kann jeder nachlesen, was das SPD-Mitglied Sudhof zehn Monate lang über die Affäre recherchiert hat. Etwa, dass Spahn auch dann weiter Masken zu einem Vielfachen des gängigen Preises bestellte, als sich der Markt längst beruhigt hatte. Oder dass es schon im Mai 2020 Kontroversen über mangelhafte Ware und einen Vergleich zwischen der bis zur Corona-Pandemie sehr kleinen Firma emix und dem Gesundheitsministerium gegeben hat (S. 45).
Dort steht auch, dass mangelhafte, von Bayern abgelehnte Masken ans Bundesgesundheitsministerium geliefert wurden. Und dass es - von wenigen Ausnahmen abgesehen - kaum Abwägungen in Bezug auf Bedarfe gegeben habe (S. 46). Gut dokumentiert dagegen sind Warnungen von Mitarbeitern des Ministeriums vor Überbestellungen oder vor der Vergabe an bestimmte Firmen, die Spahn ignoriert haben muss.
"Dann wird darüber spekuliert: Was ist da gewesen? Was ist da geschwärzt worden? Wer wird da gedeckt?", sagt Karl Lauterbach über den geschwärzten Masken-Bericht von Sudhof.04.07.2025 | 1:27 min
Grüne fordern Untersuchungsausschuss
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SPD und Union, den Weg für den Ausschuss freizumachen.
Für Dienstag ist Margarethe Sudhof in den Haushaltsausschuss des
Bundestages zu einem "Fachgespräch" eingeladen. Die Union wirft der Juristin, die Staatssekretärin im Justiz- und Verteidigungsministerium war und SPD-Parteimitglied ist, Parteilichkeit vor. Die Vorwürfe gegen Jens Spahn aber scheinen schwerer zu wiegen.