Vertrauensfrage in Frankreich:Bayrou-Regierung gescheitert: Macron unter Druck
Gerade mal neun Monate war François Bayrou französischer Premierminister. Nach dem Sturz des Regierungschefs wächst nun auch der Druck auf Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.
Frankreichs politische Krise geht in eine neue Runde: Premierminister Bayrou hat die selbst gestellte Vertrauensfrage verloren. Anlass war der Streit um Sparmaßnahmen im Haushalt.
08.09.2025 | 2:24 minEs ist eine Premiere in Frankreichs fünfter Republik: Erstmals verliert der Premierminister eine Vertrauensfrage. Schon nach neun Monaten ist François Bayrous Amtszeit damit Geschichte. Vier Regierungschefs haben sich unter Präsident Emmanuel Macron in zwei Jahren versucht. Bayrou stolperte über seinen Sparhaushalt, den er heute nochmal verteidigte:
Das größte Risiko wäre, einfach so weiterzumachen, als ob nichts wäre - bis zum Moment, in dem die Situation irreparabel ist.
François Bayrou, scheidender französischer Premierminister
Bayrou scheitert mit Sparkurs in hochverschuldetem Frankreich
Dabei ist die Situation schon jetzt gefährlich. Frankreich ist hochverschuldet, muss jährlich mehr als 50 Milliarden Euro für die Zinszahlungen seiner Kredite aufbringen. Tendenz steigend.
Bayrous Antwort auf die Abwärtsspirale hieß Einsparungen in Höhe von 44 Milliarden Euro. Dafür wollte er die Sozialausgaben einfrieren und zwei Feiertage abschaffen. Doch Bayrous Pläne stießen auf heftigen Widerstand in der Opposition.
Was der Regierungssturz für Frankreich und Europa bedeutet, analysiert ZDF-Korrespondent Thomas Walde.
08.09.2025 | 1:28 minWie geht es jetzt in Frankreich weiter?
Nach dem Sturz der Regierung sind schnelle Sparpläne in weite Ferne gerückt. Denn in der Assemblée nationale, dem französischen Unterhaus, stehen sich drei Blöcke unversöhnlich gegenüber. Macron steht nun vor der Herausforderung, einen neuen Premierminister zu ernennen, der genügend Rückhalt besitzt und einen Haushalt aufstellt. Aus dem Élysée-Palast hieß es nach der Vertrauensfrage knapp, Macron wolle einen solchen "in den nächsten Tagen" benennen.
So ging die Vertrauensfrage aus.
Quelle: epaDie Sozialisten, bisher in der Opposition, knüpfen eine Regierungsbeteiligung im Macron-Lager an hohe Bedingungen. Sie fordern zur Schuldentilgung eine höhere Besteuerung von Vermögenden. Doch genau das hatte der konservative Flügel der Regierung bislang ausgeschlossen. Gegenüber dem ZDF betont Politikwissenschaftler Benjamin Morel:
Würde das Macron-Lager auf diese Forderung eingehen, würde es ein Stück weit ihre eigene Bilanz der letzten Jahre infrage stellen.
Benjamin Morel, französischer Politikwissenschaftler
Gut möglich also, dass sich die gemäßigten Parteien nicht auf eine lose Zusammenarbeit einigen können.
Das französische Parlament streitet um den Sparkurs des Premierministers Bayrou. Frankreich ist eines der am höchsten verschuldeten Länder in der EU. Wie kam es dazu?
08.09.2025 | 1:59 minMacron lehnt Neuwahlen ab
Dann würden auch die Stimmen noch lauter werden, die eine Auflösung des Parlaments fordern. Ganz vorne dabei: Rechtspopulistin Marine Le Pen. Meinungsumfragen sehen ihr Rassemblement National als stärkste Kraft. Sie selbst dürfte nach ihrer Verurteilung wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder aber nicht antreten.
Präsident Macron schloss bis zuletzt Neuwahlen aus. Und auch Rücktrittsforderungen ließ der Staatschef bislang ins Leere laufen. Er werde bis zum Ende seiner Amtszeit 2027 im Élysée-Palast bleiben. Doch klar ist auch: Die erneute Regierungskrise färbt auch auf ihn ab.
In Frankreich müsse der neue Premierminister „Macron kompatibel“ sein und die Parlamentsmehrheit auf seiner Seite wissen. Das sei nicht leicht, so Politikwissenschaftlerin Demesmay.
08.09.2025 | 4:54 minMacron außenpolitisch geschwächt
Die Verunsicherung im Land wächst. Französinnen und Franzosen verzichten auf große Investitionen. In den nächsten Tagen sind Blockadeaktionen und Streiks angekündigt. Die Wut richtet sich auch gegen Macron.
Innenpolitisch angezählt, agiert der Präsident außenpolitisch aus einer Position der Schwäche. Für Europa, das sich anschickt, gegenüber Russland und China mehr Stärke zu zeigen, ist das eine schlechte Nachricht.
Luis Jachmann arbeitet im ZDF-Studio in Paris.
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