Atomkonflikt mit Iran: Misstrauen und Gesprächsbereitschaft

IAEA-Inspekteure verlassen Iran:Atomkonflikt mit diplomatischer Hintertür

von Anne Herzlieb
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Die Inspektoren der Internationalen Atomenergiebehörde haben den Iran verlassen. Das Land hat die Zusammenarbeit mit der IAEA formal ausgesetzt – damit verschärft sich der Konflikt.

23.06.2025, Österreich, Wien: Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEO) in Wien.
Schwere Vorwürfe des Irans gegen die Internationale Atomenergiebehörde. (Symbolbild)
Quelle: dpa

Seit den israelischen und US-Bombardements auf iranische Atomanlagen hatten die Inspektoren der Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) keinen Zugang mehr. Am Mittwoch verabschiedete Iran ein Gesetz, nach dem die Kooperation mit der IAEA so lange ausgesetzt bleiben soll, bis die "Sicherheit" der iranischen Nuklearanlagen gewährleistet ist. Nun befindet sich das Team der Atomenergiebehörde auf dem Weg nach Wien, dem Hauptsitz der IAEA.

Experte: Ohne Inspektoren entsteht ein "blinder Fleck"

Sicherheitsexperte Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr in München sagt gegenüber dem ZDF:

Ohne Inspektoren im Land gibt es jetzt einen blinden Fleck bei der Frage: Arbeitet der Iran weiter an einem Atomprogramm und wenn ja, wie weit er ist.

Carlo Masala, Universität der Bundeswehr in München

Der Nationale Sicherheitsrat Irans soll über eine Wiederaufnahme der Zusammenarbeit entscheiden, wenn die Bedingungen erfüllt sind. In den vergangenen Tagen verschärfte sich der Atomkonflikt zunehmend, auch weil IAEA-Chef Rafael Grossi beschuldigt wurde, "Spion des zionistischen Regimes" zu sein, und ihm mit Hinrichtung gedroht wurde.
Atomanlage Fordo
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Iran: Schwere Vorwürfe gegen IAEA-Chef Grossi

Die iranische, ultra-konservative Hardliner-Zeitung "Kayhan" titelte: "An Grossis Händen klebt das Blut iranischer Wissenschaftler". Die Zeitung gilt als Sprachrohr des iranischen Regimes. Nach außen will Iran Stärke und Entschlossenheit demonstrieren - nicht nur mit markigen Worten.
Iran setzt Zusammenarbeit mit IAEA aus
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Alle paar Tage finden im Land staatlich organisierte Zeremonien statt, um der "Märtyrer" des Kriegs zu gedenken. Hossein Amedi arbeitet für eine staatliche Stelle und sagt gegenüber dem ZDF: "Wir waren mitten in den Verhandlungen und wurden angegriffen. Wir sind von Trump betrogen worden. Es gibt kein Vertrauen mehr. Unser Nuklearprogramm wird weitergehen."

Iran gab sich zuvor noch gesprächsbereit

Noch vor ein paar Tagen antwortete Außenminister Abbas Araghtschi in einem Interview mit dem amerikanischen Sender CBS auf die Frage, ob weiterhin direkte Gespräche zwischen den USA und Iran möglich sind: "Die Türen der Diplomatie sind niemals zugeschlagen" - und gab sich gesprächsbereit.
"Das kann man sicher als Hinweis werten, dass der Iran jetzt ein Angebot erwartet, wie man weiter in der Frage des Atomprogramms verfährt", so Masala. Wichtig sei: "Iran hält sich so ein diplomatisches Hintertürchen offen, schließlich ist das Land nicht aus dem nuklearen Nichtverbreitungsvertrag ausgetreten. Bleibt Iran weiter drin, darf er weiterhin keine Nuklearwaffen anstreben."

Steigt Iran aus, wäre das der letzte Hinweis darauf, dass man die Nuklear-Waffe haben will.

Carlo Masala, Universität der Bundeswehr in München

Unterdessen mehren sich Berichte über mögliche neue Verhandlungen zwischen Washington und Teheran. Vor Ausbruch des Krieges hatten die USA und Iran rund zwei Monate lang Gespräche über das Atomprogramm geführt. Eine sechste Verhandlungsrunde war zwei Tage nach Kriegsbeginn angesetzt. Danach zeigte die iranische Regierung kaum Bereitschaft zur Wiederaufnahme der Gespräche und führte dafür mangelndes Vertrauen an.
Der Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Mariano Grossi, spricht.
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Erneute Gespräche mit Iran kommende Woche?

Laut dem US-Nachrichtenportal "Axios" gibt es Vorbereitungen für ein Treffen zwischen Irans Außenminister Abbas Araghtschi und dem US-Sondergesandten Steve Witkoff kommende Woche in Oslo. Das genaue Datum ist noch nicht bekannt. Dem Online-Portal "Amwaj" zufolge, das gute Kontakte nach Teheran pflegt, hat die iranische Regierung dem Treffen zugestimmt.
Unklar sei, ob der Golfstaat Oman wie zuvor als Vermittler auftritt. Wie auch immer ein neuer Deal mit Iran in Fragen seines Atomprogramms aussehen könnte: ohne Deal wäre Iran ein Land mit unkontrolliertem Atomprogramm. Ein hoher Preis der jüngsten Eskalationsspirale in instabilen Zeiten.

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Quelle: Mit Material von dpa

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