Gaza-Lieferungen: Warum Merz' "Luftbrücke" nur ein Symbol ist
Analyse
Hilfslieferungen für Gaza:Warum Merz' "Luftbrücke" nur ein Symbol ist
von Wulf Schmiese
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Deutschland will den notleidenden Menschen in Gaza auch mit einer Luftbrücke helfen. Kanzler Merz setzt damit ein Zeichen - allerdings vor allem zunächst ein symbolisches.
Die geplante Luftbrücke der Bundesregierung solle zeigen, dass Deutschland helfen wolle die Not vor Ort in Gaza zu lindern, so ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese.28.07.2025 | 2:40 min
Der Bundeskanzler hat sein Statement aufgeschrieben. Denn Sätze, die Nachrichten werden sollen, sind dafür geschliffen, die wesentlichen Worte gewogen. Friedrich Merz trägt sie vor, nachdem er und seine wichtigsten Minister im Kanzleramt gute zwei Stunden über Deutschlands Umgang mit der Lage in Gaza beraten hatten. Dieser Satz landet pfeilschnell als Top-Nachricht auf allen News-Seiten:
Die Bundesregierung führt in Zusammenarbeit mit Jordanien umgehend eine Luftbrücke humanitärer Hilfsgüter über Gaza durch.
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Friedrich Merz, Bundeskanzler
Luftbrücke, das ist ein großes Wort. Weit größer vermutlich als das, was Deutschland jetzt wirklich an Hilfe für die Menschen in Gaza wird liefern können. Das gibt auch Merz sogar zu: "Wir wissen, dass das für die Menschen in Gaza nur eine ganz kleine Hilfe sein kann", sagt er im Kanzleramt den Journalisten. "Aber immerhin ist es ein Beitrag, den wir gerne leisten wollen."
Bundeskanzler Merz will mit dem jordanischen König Abdullah eine Luftbrücke für die Menschen in Gaza errichten. Über die Pläne berichtet ZDF-Korrespondentin Christiane Hübscher.29.07.2025 | 1:29 min
Eine Luftbrücke versorgte einst auch West-Berlin
Das Wort Luftbrücke steht in der deutschen Geschichte für Rettung und Überleben West-Berlins nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals, 1948, hatten die Amerikaner die von der Sowjetunion zu Land und zu Wasser abgeriegelte Stadt über die Luft versorgt. Fast ein ganzes Jahr flogen Tausende sogenannte Rosinenbomber nicht nur tonnenweise Nahrung, sondern auch Kohlen zum Heizen in die Stadt.
Es war tatsächlich eine ständig beflogene Brücke durch die Luft. Täglich kamen bis zu 5.000 Tonnen an Waren an, die viele der gut zwei Millionen Menschen vor Hunger und Not retten sollten.
Der französische Premierminister schreibt von einem "dunklen Tag". Und auch andere kritisieren den Deal zwischen der EU und den USA unter Donald Trump.28.07.2025 | 2:02 min
Wording des Kanzlers soll Botschaft setzen
Im Gazastreifen leben etwa so viele Menschen wie damals im zerbombten West-Berlin. Die von Merz angekündigte "Luftbrücke" jedoch wird allein mengenmäßig nicht leisten können, was damals den USA gelang. Die deutsche Luftwaffe plant, mit den größten Transportflugzeugen der Bundeswehr des Typs A400M Flüge von Jordanien aus nach Gaza zu fliegen.
Dort sollen dann an Fallschirmen Paletten mit dem Nötigsten wie Wasser, Reis, Mehl und Hygieneartikeln abgeworfen werden. Eine deutsch-jordanische Initiative dieser Art gab es schon einmal für Gaza. Von März bis Mai 2024 hatte die deutsche Luftwaffe 315 Tonnen an Gütern abgeworfen. Insgesamt.
Die Menschen in Gaza hungern, zugleich betont Israel das Recht, dort weiter Angriffe auszuführen. Wie positionieren sich Frankreich, Österreich und die Türkei in dem Konflikt?28.07.2025 | 3:40 min
Das Wording des Kanzlers, bei dem er ebenfalls von einer "Luftbrücke" spricht, soll eine Botschaft setzen: Wir helfen! Denn die Bundesregierung spürt Druck von vielen Seiten. International hat die Kritik an Israel zugenommen und auch daran, dass Deutschland mit seiner auf der "Staaträson" gründenden Zurückhaltung eine Ausnahme ist.
Merz sieht wachsende Kritik an Israel
Merz sieht, wie auch innenpolitisch die Kritik an Israel und der vermeintlichen Milde der Bundesregierung zunimmt. Der Vorwurf: Israel lasse die Menschen in Gaza verhungern. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu bestreitet das.
Die Luftbrücke für Gaza sei "keine einfache Operation", sagt Außenminister Johann Wadephul.28.07.2025 | 5:48 min
Auch in den Telefonaten mit dem Bundeskanzler, der ihn nun oft anruft. Da sagt Merz dem Vernehmen nach seinem israelischen Kollegen, was er auch nach Treffen mit seinem Sicherheitskabinett im Kanzleramt sagte:
Israel muss die katastrophale humanitäre Situation in Gaza sofort, umfassend und nachhaltig verbessern.
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Friedrich Merz, Kanzler
Israel müsse "der leidenden Zivilbevölkerung schnell, sicher und ausreichend humanitäre und medizinische Hilfe zukommen lassen".
Seit Monaten harren die Menschen in Gaza aus, inmitten der Kämpfe von Hamas und israelischer Armee – sie sind bedroht durch den Krieg und leiden Hunger. Seit gestern treffen erste Hilfen ein. 28.07.2025 | 2:30 min
Merz warnt Israel - wenn auch sanft
Bislang belässt es die Bundesregierung bei solchem energischen Mahnen. Sie lehnt auch weiterhin ab, Palästina als Staat anzuerkennen. Den Vorstoß des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der letzte Woche ankündigte, ab September einen palästinensischen Staat anzuerkennen, hält Merz für doppelt falsch.
Weil das jüdische Siedler motivieren könnte, schnell noch mehr Land zu nehmen im Westjordanland; und weil es die Hamas verleiten könnte, die letzten mehr als 50 Geiseln nicht freizulassen und weiterhin einen Waffenstillstand abzulehnen.
Die Bundesregierung hält die Zwei-Staaten-Lösung für einen späteren Schritt. Merz will sie als Druckmittel aufrechterhalten. Er will auch bisher keine Sanktionen oder einen Stopp von Waffenlieferungen. Dennoch warnt er Israel, auch wenn es sanft klingt: "Wir werden unsere Positionierung und unsere Maßnahmen im Licht der Ereignisse laufend anpassen."
Israels Armee geht seit dem Terrorangriff der Hamas militärisch im Gazastreifen vor - die Verhandlungen in Katar über eine Waffenruhe wurden abgebrochen. Die Entwicklungen im Blog.